Verkehr in Ahrweiler Teures Parken vor dem Discounter

KREISSTADT · Ein privater Wachdienst kontrolliert auf dem Netto-Parkplatz, um Dauerparker fernzuhalten. Die Autofahrer sind empört.

„Das ist ja eine Unverschämtheit“, schimpft eine Frau aus Köln, als sie an ihrem auf dem Netto-Parkplatz in Ahrweiler abgestellten Wagen einen leuchtend gelben Zettel an der Windschutzscheibe stecken sieht. Sehr bestimmt wird die Dame aufgefordert, 30 Euro zu überweisen. Weil sie die Parkscheibe nicht gestellt hat. Was an der Ahrweiler Bossardstraße derzeit für Empörung, Ärger und ungebremste Wut sorgt, könnte sich schon bald auch bei anderen Discountern an Rhein und Ahr wiederholen: Aldi, Netto, Lidl, Edeka oder Rewe lassen ihre Parkplätze zunehmend von Privatfirmen überwachen. Kunden, die die Zeit überziehen oder die Parkscheibe vergessen, müssen zahlen.

Eine Fläche, die einfach verschwindet, wenn man wendet, nennt man bekanntlich Parkplatz. In manchen Orten sind sie rar gesät. Gerade in Städten, die beliebte Ausflugsziele darstellen. An der Ahr ist das nicht anders.

Sonntag in Ahrweiler. Der Netto-Laden hat geschlossen, die Innenstadt ist voll, das Frühlingswetter lockt. Gäste aus nah und fern sind gekommen, um durch die Altstadt zu flanieren. Gerne wird das Auto auf dem Parkplatz an der Bossardstraße abgestellt, an dem seit einigen Tagen allerdings Schilder unmissverständlich darauf aufmerksam machen, dass es sich um Privatgelände handelt.

Schnell füllen sich die Stellplätze, eine schwarzhaarige Dame in knallgelber Warnweste schreitet zur Tat. Sie ist dort so willkommen, wie die Heilsarmee in einem Nachtclub. Die Frau in Gelb schießt Fotos, kontrolliert Wagen für Wagen. Wer eine Parkscheibe ausliegen hat, darf sich sicher sein, dass der Wagen im Blickfeld der Kontrolleurin bleibt.

Ist die Parkzeit von einer Stunde überschritten, zeigt ein bereits von weitem sichtbarer neongelber Papierstreifen an, dass man einen kleinen aber teuren Fehler gemacht hat – 30 Euro sind schließlich kein Pappenstiel. „Das war ein teurer Ausflug in das Ahrtal“, schimpft ein Mann aus Bonn.

Montagmorgen. Netto hat geöffnet. Viele Autos rollen an. Beileibe nicht nur Kunden des Discounters. Der eine will zur Post, der andere ins am Platz gelegene Sonnenstudio. Wer aufgepasst hat und die Schilder liest, der stellt seine Parkscheibe, die ein einstündiges kostenloses Parken ermöglicht. Einige Autofahrer arbeiten indes in der Nähe: Da bietet es sich an, den Wagen tagsüber auf dem bislang unbewachten Platz abzustellen. Damit dürfte nun Schluss sein.

Wer nun glaubt, hin und wieder zum Auto gehen zu können, um die Parkscheibe ein Stündchen vorstellen zu können, der befindet sich auf einem Irrweg: Die Dame mit der gelben Weste registriert sehr genau, ob der Wagen bewegt wird oder nicht.

Bundesweit lassen Handelsketten inzwischen ihre Parkplätze zunehmend durch private Dienstleister überwachen. „Wir befreien Sie kostenneutral von Fremd-, Falsch- und Dauerparkern“, verspricht etwa die Firma Parkräume KG. „Park & Control“, eine Tochter der Apcoa-Gruppe ist mit den Einzelhändlern besonders gut im Geschäft. Nach eigenen Angaben überwacht das Unternehmen alleine rund 400 Parkplätze. Die Aufpasser lassen ihre Kontrolleure wie in Ahrweiler über das Gelände patrouillieren. Ob böswillige Dauerparker oder Vergessliche – sie müssen mit unangenehmen Sanktionen rechnen.

Bei dem „Knöllchen“ handele es sich übrigens nicht um ein Bußgeld, sondern um eine privatrechtliche Vertragsstrafe. „Wenn auf Kundenparkplätzen Schilder wie ‚Parkzeit höchstens 60 Minuten‘ hängen, dann ist das verbindlich“, klärt die Stiftung Warentest auf. Erst recht dann, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf den Schildern deutlich zu lesen sind. Und das ist in Ahrweiler der Fall.

Dennoch: Der Unmut ist groß. Schließlich ist die Vertragsstrafe deutlich höher als bei einem Strafzettel im öffentlichen Raum. „Private Unternehmen der Parkraumüberwachung müssen kostendeckend arbeiten“, heißt es bei Apcoas. Die Summe von 30 Euro sei zudem „von verschiedenen externen Institutionen geprüft“ und werde auch von anderen Privatfirmen der Parkraumüberwachung erhoben. Es kann durchaus noch teurer werden, wenn ein Parksünder sich zu viel Zeit mit der Bezahlung lässt. Wird ein Inkassobüro eingeschaltet, kommen flott Gesamtkosten von 55 Euro oder mehr zusammen.

Dass die Discounter, Supermärkte und Vollsortimenter ihre voll besetzten Parkplätze kontrollieren lassen, hat einen nachvollziehbaren Grund: Nichts ist für das Geschäft schlechter als der optische Eindruck, der Laden sei überfüllt, man müsse sich durch volle Gänge quälen und lange an der Kasse anstehen. Nicht zuletzt deshalb halten gerade die Discounter in der Regel größere Parkplätze vor, als sie tatsächlich brauchen.

Was in Ahrweiler derzeit für Verdruss bei so manchem Autofahrer sorgt, dürfte sich schon bald auf weitere Teile der Kreisstadt ausdehnen – Aldi, Lidl und Rewe haben nach GA-Informationen bereits in Bad Neuenahr-Ahrweiler den Auftrag erteilt, ihre Parkplätze kontrollieren zu lassen. Bevor die ersten „Knöllchen“ jedoch verteilt werden, findet die im Fachjargon genannte „Grüne Woche“ statt. Auf giftgrünen Zetteln, die hinter jede Windschutzscheibe gesteckt werden, wird zunächst kostenlos aber verbindlich darauf aufmerksam gemacht, dass man einen Regelverstoß begangen hat, der im Wiederholungsfall eine Woche später dann mit einem kostenpflichtigen gelben Zettel geahndet wird.

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