Obst- und Weinbau im Kreis Ahrweiler Kampf gegen Drosophila suzukii geht weiter

KREIS AHRWEILER · Der Bauern- und Winzervervand im Kreis Ahrweiler warnt nach dem Hitzesommer vor der Kirschessigfliege. Das derzeitige feucht-warme Klima begünstige "Drosophila suzukii".

Drosophila suzukii macht wieder von sich reden, die asiatische Kirschessigfliege. Nachdem Trockenheit und Hitze im Frühjahr und Sommer die Aktivitäten des äußerst vermehrungsfreudigen Schadinsekts in Schranken gehalten hatten, kommt ihm jetzt das gemäßigte feucht-warme Klima zugute. Darum raten Vertreter der Obstbauern und Winzer zu vermehrter Vorsicht, damit Obst- und Weinbau nach der Hitzeperiode nicht weiter geschädigt werden. Auf eines weisen sie hin: Die im Kreis Ahrweiler entwickelte umweltschonende Methode zur Bekämpfung des vor ein paar Jahren aus Asien eingewanderten Schädlings ist erfolgreich und schont die Nützlinge.

Über die Zusammenhänge informierten jetzt der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes Kreis Ahrweiler, Franz-Josef Schäfer, und der zuständige Berater aus dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR), Manfred Hellmann, im Obsthof Margaretenhof in Grafschaft-Oeverich. Dort führte Landwirt Bruno Müller seine Besucher in die von Regenkappen geschützten Himbeeranlagen. Wenn auch im Hochsommer Temperaturen von weit über 30 Grad und eine brennende Sonne Teile der Ernte zunichte gemacht hatten, sieht es, abgesehen von etwas verbranntem Laub, dort wieder gut aus.

Wildbienen lösen Hummeln ab

Wildbienen fliegen von Blüte zu Blüte. Nachdem die Hummeln im zeitigen Frühjahr die Bestäubung übernommen hatten und später ein Imker mit seinen Bienenstöcken da war, haben sich die wilden Bienen vermehrt, dass sie allein die Befruchtung übernehmen können. „Schauen sie raus, die wilden Blumen sind verblüht, da finden die Bienen keine Nahrung mehr, aber hier ist noch reichlich Nektar“, freut sich Müller, der auch Vorsitzender des Arbeitskreises Obstbau im Kreis Ahrweiler ist.

Mit dabei ist der promovierte Biochemiker und Winzer Michael Ahrend. Sein Labor ist Dreh- und Angelpunkt für die Beobachtung und Bekämpfung der Kirschessigfliege im Kreis Ahrweiler. Seine Arbeit wird mit Geld vom Kreis bezuschusst, was allseits mit Dankbarkeit angenommen wird. „Super, dass der Kreis sich dafür einsetzt, es ist eine sinnvolle Investition, auch zum Wohle der Verbraucher“, sagt Müller. Als Betriebsleiter könne man die Arbeit nicht leisten. Ahrend erklärt das Verfahren, mit dem die Kirschessigfliege vom Frühjahr an in Schach gehalten wird.

Dazu stellt er in Weinbergen und in Obstplantagen flächendeckend Fallen auf, in die die Schädlinge fliegen. In wöchentlichem Rhythmus wird kontrolliert, wie viele Fliegen unterwegs sind. Gegebenenfalls rät Ahrend zur Spritzung mit dem auch für den Bio-Landbau zugelassenen Fungizid Vitisan (Kaliumhydrogencarbonat, ähnlich Backpulver), das die Schädlinge beseitigt. Das kann sogar wöchentlich geschehen. Parallel dazu begutachtet Ahrend reifende Früchte unter dem Mikroskop. Zeigt sich darin eine hohe Zahl von Eiern, können diese mit „Wasserglas“ (Kieselsäure) vernichtet werden. Das Wasserglas versiegelt die Atmungsantennen der Eier, sie sterben ab, erklärt Ahrend. Beide Mittel seien weder für Bienen noch für Menschen gefährlich.

Bis zu vier Milliarden Nachkommen pro Saison

Ohne professionelle Bekämpfung hätte die Kirschessigfliege ein leichtes Spiel in der Region, in der Wein- und Obstbau wichtige Wirtschaftsfaktoren sind. Theoretisch kann es ein Weibchen bei guten Lebensbedingungen in den sechs Monaten von Frühjahr bis Herbst auf 2,5 Milliarden weibliche und 1,5 Milliarden männliche Nachkommen bringen, rechnet Hellmann vor. Folglich können nur wenige Weibchen, die überwintert haben, die schädliche Population im nächsten Jahr in die Höhe schnellen zu lassen.

Eigentliches Problem sind die Larven der Kirschessigfliege, kleine Würmchen, die sich in den Früchten entwickeln. Die beschädigten Früchte faulen und stecken benachbarte Früchte an. Darum sind sich die Vertreter des Obstbaus einig, dass man die Sache nach einem glimpflich verlaufenen, heißen Sommer nicht auf die leichte Schulter zu nehmen darf. Beobachtung und Bekämpfung müssten Jahr für Jahr weitergehen. Betroffen von der Kirschessigfliege sind vor allem Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren und Holunder sowie verschiedene, meist rote, Rebsorten wie Frühburgunder, Regent, Cabernet Sauvignon und Portugieser. Weniger befallen werden Dornfelder, Schwarzriesling und Spätburgunder. Weißweinsorten sind weitgehend sicher vor den Aktivitäten des Imports aus Asien.

Ständige Kontrolle entscheidend

Meist dringen die Schädlinge von wild wachsenden Pflanzen wie Brombeeren und ungepflegten alten Kirschbäumen in die geschützten Plantagen ein. Darum ist für die Betriebe regelmäßige Kontrolle wichtig. „Wehret den Anfängen“, warnt Ahrend, der die Aktivitäten des Schädlings im Weinbau des gesamten Ahrtal und im Obstbau beobachtet und die Produzenten berät.

Und er weist darauf hin, dass Fliegen, die die große Hitze überstanden haben, diese Fähigkeit an ihren milliardenfachen Nachwuchs weitergeben können. Damit könnten sich hier kälte- und hitzeresistente neue Formen der Drosophila suzukii entwickeln. Die hier heimische Essigfliege begnügt sich im Gegensatz zu der asiatischen Variante mit Abfällen, Fallobst und zuckerhaltigen Flüssigkeiten. Gesundes Obst schädigt sie nicht.

Die Vertreter der Landwirtschaft sind sich einig, dass sie auf die Mitarbeit des Biochemikers nicht verzichten können. Knut Schubert, Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes, der die Zuschüsse des Kreises für die Landwirtschaft verteilt, möchte Kürzungen auf diesem Gebiet vermeiden. Manfred Hellmann (DLR) führt an, dass mit dem Konzept der Einsatz von Insektiziden vermieden werden könne. Der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes legt Wert darauf, eine Methode zu unterstützen, die unschädlich für die Nützlinge in Feld und Flur ist.

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