25-jähriges Bestehen gefeiert Hospiz-Verein Bad Neuenahr fordert mehr Menschlichkeit

BAD NEUENAHR · Der Hospiz-Verein Rhein-Ahr hat sein 25-jähriges Bestehen im vollbesetzten Bad Neuenahrer Rathaussaal gefeiert. Zentrale Forderung des Vereins nach Worten seiner Vorsitzenden Ulrike Dobrowolny: "Wir wollen mehr Sorge, mehr Menschlichkeit, mehr Beziehung.“

Ein Wohnzimmer wie das des ersten Vorsitzenden, des Sinzigers Axel Enke, in dem sich der Hospiz-Verein Rhein-Ahr 1992 gegründet hat, wäre diesmal wirklich zu klein gewesen. Und so hat der von einst 20 auf mehr als 1150 Mitglieder angewachsene Verein sein 25-jähriges Bestehen im vollen Festsaal des Rathauses der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gefeiert: mit Mitgliedern, Mitarbeitern, Mitstreitern und Unterstützern und auch mit ein paar Neugierigen, die bisher noch nichts mit dem Verein zu tun hatten. So wie eine Bad Neuenahrerin, die von einer Freundin mitgenommen wurde, und feststellte: „Ich bin überrascht, wie glücklich hier doch alle aussehen und das bei einem so schweren Thema.“ Sie meinte das Thema Tod.

Dass das Sterben und damit auch die Sterbebegleitung, der sich die Hospizbewegung verschrieben hat, aber zum Leben gehören, wurde bei der Jubiläumsveranstaltung in (Gruß-)Worten genauso deutlich wie in den Liedern, die der Hospiz-Chor sang oder bei der pantomimischen Darstellung „Das Leben. Eine lebendige Begegnung mit dem Tod“, die Christoph Gilsbach ganz ohne Worte auf die Bühne brachte.

Tod gehört dazu

„Tod gehört zum Leben, und Tod ist Übergang zum anderen“, stellte Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen fest. Und die Hospizarbeit sei nicht nur gelebtes Beispiel für den ersten Artikel des Grundgesetzes, sondern auch dafür, für andere etwas zu sein und da zu sein auf dem letzten Weg, „aber eben nicht als Sterbebegleitung, sondern als Lebenshilfe, als Hilfe gleichsam im Übergang. Denn es ist schön, nicht alleine gehen zu müssen.“

Die Beschäftigung mit dem Tod habe es in dieser Intensität in der Kreisstadt nicht gegeben, bevor der Hospiz-Verein in die Öffentlichkeit gegangen sei, lobte er, und der Landtagsabgeordnete Horst Gies schloss sich als Vertreter des Kreises Ahrweiler an: „Sie haben den Tod und das Sterben ein Stück weit wieder natürlich gemacht und in die Gesellschaft gebracht.“ Was die Mitglieder des zu den mitgliederstärksten Vereinen im Kreis gehörenden Hospiz-Vereins leisten, ist für Gies unbezahlbar, denn sie gäben Schwerstkranken und Angehörigen etwas, das jeder nur in begrenztem Maße habe und von dem keiner wisse, wie viel: Zeit. „Und Sie vermitteln den sterbenden und den trauernden Menschen ein Gefühl von Geborgenheit und Anteilnahme.“

Weil der Gießener Professor Gronemeyer wegen Krankheit kurzfristig abgesagt hatte, fiel sein Festvortrag zum Thema „Leiden, Helfen und Begleiten“ aus, genauso wie die danach geplante Podiumsdiskussion. Die Vorsitzende des Landesverbands RLP des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands, Gisela Textor, sprach allerdings ein mögliches Problem an, mit dem sich Gronemeyer auch in Fachpublikationen schon länger beschäftige: Es gebe einen neuen „Markt um den sterbenden Menschen“, der laut Textor für manche, die direkt am Bett mit den Betroffenen und deren Angehörigen arbeiteten, vielleicht schon in Ansätzen spürbar sei. Sie fragte: „Stirbt die Hospizbewegung an ihrem Erfolg?“ Noch wisse das niemand, sagte sie, und plädierte für eine notwendige Verbindung von Professionalität und Ehrenamt.

Mehr Menschlichkeit

Die Vorsitzende des Hospiz-Vereins Ulrike Dobrowolny, die neben einem Rückblick in die Vereinsgeschichte auch auf dessen Ziele und weitere Vorhaben einging, erklärte mit Nachdruck: „Wir wollen nicht mehr Medizin und mehr Fachlichkeit. Wir wollen mehr Sorge, mehr Menschlichkeit, mehr Beziehung.“ Zu den Vereinszielen gehört, dass Menschen sich wieder trauen, für das Thema Tod und Sterben selbst zuständig zu sein und sich umeinander zu sorgen.

Und Anliegen des Hospiz-Vereins ist, die Leitsätze der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ weiterzutragen. Diese setzt sich vor allem für ein Sterben unter würdigen Bedingungen und ein Recht auf qualifizierte und umfassende medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Behandlung, Betreuung und Begleitung ein. Diese unterschrieben beim Jubiläumsakt Vertreter von Kirchen, Bankinstituten, Pflegeeinrichtungen, Vereinen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen. Mit deren Unterstützung sollen weitere Aktionen zur Zukunft der hospizlich-palliativen Arbeit folgen.

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