Stolperstein-Verlegung Angehörige der Opfer reisen aus Australien und Südafrika an

AHRWEILER · Auf den Spuren ihrer Familie besuchte Sandra Verblun aus Australien vor zwei Jahren Ahrweiler. Dort erfuhr sie von der Aktion "Stolpersteine".

 Die ersten Ahrweiler Stolpersteine verlegte Gunter Demnig am Mittwoch in der Oberhutstraße 31.

Die ersten Ahrweiler Stolpersteine verlegte Gunter Demnig am Mittwoch in der Oberhutstraße 31.

Foto: Martin Gausmann

Am Mittwoch wohnte sie mit ihrem Mann und den Kindern sowie ihrer Schwester Audrey Brom aus Südafrika mit Angehörigen der Verlegung dieser Erinnerungssteine durch Initiator Gunter Demnig bei. Vor dem Haus der Großeltern Isidor und Bertha Levy in der Plätzerstraße 40 hielten sie im Familienkreis inne, erinnerten sich anhand der auf der Haustür angebrachten Fotos und "sind froh, dass Großvater und Großmutter nun den Platz haben, an dem sich unser Andenken symbolisch verankern kann", so Sandra Verblun. Ihrem Vater Walter und seinem Bruder Paul war 1936 die Flucht nach Südafrika gelungen.

Dieses eine Beispiel führte am Mittwoch den rund 150 Teilnehmern der Verlegung der 20 Ahrweiler Stolpersteine erneut beeindruckend vor Augen, was für ein Ausmaß das Verbrechen der Nazis hatte. So konnte aber auch mit Blick auf die Schüler des Gymnasiums Calvarienberg, der Berufsbildenden Schule und der Grundschule, die die Namen der Opfer vorlasen und weiße Rosen niederlegten, das abstrakte Wissen über die Geschichte des Holocaust plötzlich sehr konkret werden.

"Die Steine sind wie ein kleines Grab", so Landrat Jürgen Pföhler beim Empfang in der Synagoge. "Sechs Millionen Juden wurden vernichtet und wir müssen begreifen, dass unter den Opfern auch Mitbürger waren. Ihr Erscheinen heute ist ein Zurückkehren in die Heimat ihrer Vorfahren, kommt aber auch einer großen Geste gleich, weil Sie in das Land ihrer Mörder kommen", betonte Pföhler mit Blick auf die Angehörigen.

"Der Jahrestag der Reichskristallnacht, der Volkstrauertag und der Aufmarsch der Verirrten und Verwirrten am 22. November in Remagen stehen für die schlechte Zeit der deutschen Geschichte", sagte der Kreischef. Dass sich Dinge zum Guten wenden können, sehe man am gerade gefeierten Mauerfall-Jubiläum.

Stadtbeigeordneter Hans-Jürgen Juchem bedankte sich vor allem beim Kölner Künstler Demnig. Er ist nun zum dritten Mal in der Kreisstadt, 2013 hielt er bei der zentralen Gedenkfeier zum Volkstrauertag die Rede. "Mit Ihrer Bereitschaft haben Sie verdeutlicht, wie wichtig das Erinnern an die Verbrechen der Nazis ist und dass nicht vergessen werden darf, warum die Demokratie ein wichtiges Gut ist." Vor dem "Steinfeld" in der Oberhutstraße ergriff dann auch Demnig das Wort.

"Die Aktion als solche ist kein Grund zur Freude, wird auch nie Routine. Das hier ist ganz anderer Geschichtsunterricht. Die Jugend geht nach Hause unter dem Eindruck 'die Enkel der Opfer hätten unsere Kumpels sein können'." Die Steine seien Geschenke von Bürgern als Paten an die Stadt. Die wiederum hat über die Schicksale der Opfer eine Broschüre herausgegeben.

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