Stadtentwicklung in Ahrweiler Ahrweiler Zunfthaussaal steht vor dem Aus

Ahrweiler · Die Tage des Ahrweiler Zunfthaussaals an der Oberhutstraße sind gezählt. Die Versuche, den Saal trotz seiner hohen finanziellen Unterdeckung zu erhalten, sind fehlgeschlagen.

 Der Saal des Ahrweiler Zunfthauses (links) soll vier Reihenhäusern weichen.

Der Saal des Ahrweiler Zunfthauses (links) soll vier Reihenhäusern weichen.

Foto: Martin Gausmann

Seit nunmehr zwei Jahren kocht die Gerüchteküche um den Saal des Alten Zunfthauses an der Ahrweiler Oberhutstraße. Bleibt das heute „Forum Altes Zunfthaus“ genannte markante Gebäude neben eben jenem Zunfthaus oder bleibt es nicht? Jetzt steht fest: Der Saal wird verschwinden. Wann genau das der Fall ist, konnte Eigentümer Joachim Frank von der Frank & Hagenau GbR nicht sagen, denn vor dem Haus finden derzeit noch die Ausbauarbeiten der Oberhutstraße statt. Diese müssen erst einmal beendet sein, ehe man dem Saal mit schwerem Gerät zu Leibe rücken kann.

Dann aber müssen sich die Schützen für die Mitgliederversammlung, die Oberhutgemeinschaft fürs Hutenfest und die Coverband „Erzeugerabfüllung“ fürs Weihnachtskonzert nach neuen Veranstaltungsstätten umschauen. Die Band hat ihre Fühler bereits Richtung Calvarienberg ausgestreckt. Aktuell wird der Saal des Zunfthauses bereits nicht mehr vermietet.

Den Eigentümern fällt der Schritt nicht unbedingt leicht, aber schon die Aufzählung derer, die sich nach neuen Räumlichkeiten umschauen müssen, zeigt die Crux auf: Es gibt viel zu wenig Mieter für den Saal, die Nebenkosten aber bleiben konstant hoch. Ein Fass ohne Boden, zumal aktuell wieder ein Renovierungsbedarf im Saal entstanden ist, nachdem das Dach undicht war. Allein das würde die Eigentümer wieder einen fünfstelligen Betrag kosten. Versuche, den Saal trotz der hohen Unterdeckung zu erhalten, schlugen jüngst fehl. „Es gab Gespräche mit Ahrweiler Bürgern und Geschäftsleuten“, bestätigte Joachim Frank. Aber spätestens bei den Finanzierungsfragen zogen sich die Gesprächspartner zurück. „Und auch die Stadt hat kein Interesse an einer Übernahme des Saals gezeigt“, so Frank.

Die Tage des Forum Altes Zunfthaus sind also gezählt. Dort, wo jetzt noch der Saal steht, sind vier kleine Reihenhäuser geplant. „Die passen wunderbar ins Bild neben dem Zunfthaus“, so Joachim Frank. Die Baugenehmigung liegt bereits vor, nun hängt die Umsetzung von der Fertigstellung der Oberhutstraße ab.

Der Zunfthaussaal hat seit seiner Erbauung 1891 eine wechselvolle Geschichte erlebt. Dort, wo einst das Bauerngehöft der Familie Heydinger stand, bot sich seinerzeit die Möglichkeit, durch den Abriss der Nebengebäude neben dem schmucken Fachwerkhaus einen 220 Quadratmeter großen Saalbau zu errichten. Es ging dem Katholischen Gesellenverein Ahrweiler, wie die Kolpingsfamilie damals hieß, darum, ein eigenes Haus als Versammlungs- und Begegnungsstätte zu besitzen. Am 5. August 1891 wurde der Grundstein gelegt. Das Haus überstand die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg unversehrt, während das gegenüberliegende Hotel „Vier Winde“ durch einen Bombenvolltreffer vernichtet wurde. Dort ist seither ein Parkplatz.

1892 wurde zur Beschaffung, Einrichtung und Unterhaltung des Gebäudes die „Aktiengesellschaft Katholisches Gesellenhaus zu Ahrweiler“ gegründet. Dafür wurden 70 Aktien zu je 200 Mark ausgegeben. Zwölf Mitglieder gründeten 1915 den Verein „Katholisches Gesellenheim“, dessen Zweck es war, dafür zu sorgen, ein wohnliches Heim für Wanderburschen einzurichten. Das Heim sollte gleichzeitig eine Bildungsstätte für Gesellen, Meister und Kaufleute von Ahrweiler sein. Der Verein übernahm nach und nach die „Aktien“ der Teilhaber und wurde damit Eigentümer der Gebäude.

Die bis dahin sehr positive Entwicklung des Vereins, der sich später Kolpingfamilie Ahrweiler nannte, wurde durch die Weltkriege und die Einberufung einer großen Zahl von Mitgliedern zum Militärdienst, von denen dann auch viele nicht mehr heimkehrten, sehr stark betroffen. Auch durch die Inflation, die Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre und von 1933 bis 1945 dann durch Repressalien und Schikanen der Nationalsozialisten ging die Vereinstätigkeit stark zurück. Die wirtschaftliche Situation des Vereins verschlechterte sich.

Die Kolpingfamilie sah sich dadurch gezwungen, das Haus im Jahre 1938 an den TuS Ahrweiler zum Preis der vorhandenen Hypothekenschuld von rund 22 000 Reichsmark zu verkaufen. Der TuS Ahrweiler seinerseits war durch die Machenschaften des NS-Regimes gezwungen, die in der Adenbachhut betriebene Jugendherberge, das sogenannte „Rehfeldt-Becker-Haus“ zu veräußern. Die Herberge konnte nämlich nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, weil sie durch Parteifunktionäre der NSDAP kostenlos in Anspruch genommen wurde. Der TuS sah es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der NS-Herrschaft als Ehrensache an, das Kolpinghaus an die Katholische Kirchengemeinde Sankt Laurentius Ahrweiler zurückzugeben, am 6. Februar1946 wurde es dorthin verkauft.

Die Kirchengemeinde investierte als Eigentümerin in das Gebäude, um es zeitgemäß in Ordnung zu halten. Letztlich sah sie sich aus wirtschaftlichen Gründen überfordert und verkaufte die Gaststätte mit angeschlossenem Festsaal 1977 an die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Diese hatte die Verpflichtung, den bisherigen Namen Kolpinghaus zu ändern. Seitdem werden die Gebäude „Zunfthaus Ahrweiler“ oder „Zum Alten Zunfthaus“ genannt. Bis zur Fertigstellung des Bürgerzentrums am Ahrweiler Markt im Jahre 2000 diente der Saalbau des „Alten Zunfthauses“ bei größeren Veranstaltungen von Vereinen, Gesellschaften und Parteien als gute Stube von Ahrweiler. Die gediegene Ausstattung schuf eine gemütliche Atmosphäre. Je nach Raumaufteilung waren Sitzplätze für bis zu 250 Personen vorhanden.

Im Jahr 1999 erwarb der TuS Ahrweiler die Gebäude erneut. Er verpachtete das Gasthaus an verschiedene Gastronomen, die dort den Gaststättenbetrieb unterhielten. Seit September 2005 ist die familiäre Frank & Hagenau GbR Eigentümer. Diese renovierte es grundlegend, im Fachwerkhaus entstand die Goldschmiede von Petra Hagenau. Die Geschichte des Saals endet indes nach 129 Jahren in diesem Jahr.

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