Polit-Talk des Frauenforums Kreis Ahrweiler 15 Kreistagskandidatinnen stellen sich den Fragen

BAD NEUENAHR · Parteipräferenzen traten weitgehend zurück. Dafür wurde es persönlich beim Politik-Talk des Vereins Frauenforums Kreis Ahrweiler in Bad Neuenahr. "Wir möchten die Menschen hinter den Kandidatinnen vorstellen und zeigen, dass es normale Frauen in normalen Lebenssituationen sind, um damit auch andere zu motivieren, politisch aktiv zu werden", erklärte die Vorsitzende des Frauenforums, Gabriele Hermann-Lersch.

 Die Kandidatinnen und Moderatorinnen beim Podium des Frauenforums Kreis Ahrweiler.

Die Kandidatinnen und Moderatorinnen beim Podium des Frauenforums Kreis Ahrweiler.

Foto: Martin Gausmann

"Obwohl Frauen im Land mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind bei der vorigen Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz 83,2 Prozent Männer aber nur 16,8 Prozent Frauen in die Parlamente gewählt worden", informierte Rita Gilles, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ahrweiler.

"Im AW-Kreis sind rund 200 Frauen und 800 Männer in kommunalen Gremien tätig, im Kreistag 26 Prozent Frauen", sagt Gilles und ging auch noch mal auf die Modalitäten bei der Kommunalwahl ein, aufs Kumulieren und Panaschieren und die Möglichkeit, auch nur Frauen zu wählen. Wie vor der Kommunalwahl 2009 stellten sich beim "etwas anderen Polit-Talk 15 Politikerinnen, die für den Kreistag kandidieren und sich aus sechs Parteien rekrutierten, den Fragen von Moderatorin Vera Uhlemann über ihre Beweggründe in die Politik zu gehen, ihre Karrieren, ihren Antrieb und ihren Alltag als Frauen in der Politik.

Sie woll(t)en verändern statt klagen und nicht einfach so über ihr Leben entscheiden lassen, antworteten diese. Viele Kandidatinnen haben Kinder und sind trotzdem oder deswegen in die Politik gegangen, auch um sich das Leben mit ihnen zu erleichtern oder ihnen Vorbild zu sein. "Ich hatte Politik studiert und dachte, alle seien gleichberechtigt, aber dann wurde ich Mutter und es gab keine Kindergartenplätze", erklärte Ingrid Näkel-Surges.

Und Helga Dohmganz ging in den 1970-er Jahren in die Politik, "als ich gemerkt hab, wie wenig Chancen Frauen in der Gesellschaft haben". Für Iris Loosen war eine "Demo der Rechten bei uns in Remagen" der Auslöser. Ein Großteil der Kandidatinnen war über Familien- und Schulpolitik eingestiegen, was sie jedoch weniger ihrem Geschlecht als den klassischen Rollenverteilungen zuschrieben: "Männer, die Väter sind und mehr Zeit mit ihren Kindern haben möchten, stoßen auf die gleichen (gesellschaftlichen) Probleme wie Frauen, für die die Familie wichtig ist."

"Ihre" Themen hatten die Frauen gefunden in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie in Sachen demografische Entwicklung, Energie, Finanzpolitik und Haushalt, speziell der Umschuldung an jüngere Generationen. Verbessern möchten sie die Situation von Frauen, die allein erziehen, Angehörige pflegen oder im Alter allein leben. Ihre Ziele sind zudem eine bessere Infrastruktur, besonders im ländlichen Raum, weil diese der Jugend genauso wie Senioren zugute komme sowie junges und bezahlbares Wohnen.

Spaß, aber auch Frust im Politikalltag hatten sie erlebt. Letzteres vor allem in den niederen Gremien, in die sie hoch motiviert eingestiegen seien, aber in denen nur wenig entschieden werden könne. Einige hatten gerade in Gremien der ländlicheren und kleineren Orte oft Ressentiments der Männer gegenüber Frauen in der Politik festgestellt, anders als etwa im Kreistag.

An die Sprache und die Gepflogenheiten in der Politik hatten sich auch viele erst gewöhnen müssen. In manchen Gremien "ruppigeren Niveaus" sei es relevant, abends lange an der Theke stehen zu können, sagte Ute Reuland, und sie riet Frauen, auch mal laut zu werden und sich nicht irritieren zu lassen, wenn ihnen in der politischen Diskussion jemand ins Wort falle.

Verantwortung zu übernehmen stärke das Selbstbewusstsein und strahle dann auch aus. "Betonmischen ist nichts anderes als Kuchenbacken", erklärte Jasmin Lemler, Ingenieurin mit Mechanikerausbildung: "Frauen haben Angst Fehler zu machen. Männer hauen einfach drauf. Das müssen wir lernen." Wenn man Baupläne, mit denen man in einem Gremium konfrontiert sei, nicht verstehe, müsse man halt mal blond sein und sie sich fünf Mal erklären lassen, fand eine Kandidatin.

"Und dabei kommt oft raus, dass die Männer es auch nicht wissen", fügte Lemler an. "Gute Frauenpolitik ist gute Familienpolitik ist gute Gesellschaftspolitik", sagte Michaela Weiland-Haubrich, und viele Kandidatinnen waren sich einig: "Wenn eine gewisse Anzahl Frauen da ist, ziehen andere Frauen nach."

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