GA-Serie "Rheinische Redensarten" Wäe net well, däe hätt add

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

Wer nicht will, der hat schon!

Wer nicht will, der hat schon!

Foto: GA-Grafik

Die rheinischen Erziehungswissenschaften haben zahlreiche Redewendungen hervorgebracht. So etwa: „Wäe net well, däe hätt add.“ Diese Erkenntnis hat sich inzwischen sogar über den rheinischen Binnenkontinent hinaus verbreitet und müsste übersetzt werden mit: Wer nicht will, der hat schon! Das ist natürlich nicht streng wörtlich zu verstehen, denn offenbar hatte jemand Bedarf und Interesse an und für ein bestimmtes Produkt oder einen Gegenstand signalisiert und dann im letzten Moment doch noch einen Rückzieher gemacht.

Die Anwendungsbereiche des Satzes sind grundsätzlich weit gefächert. Es kann sein, dass sich jemand in einem Geschäft ein Kleidungsstück ansieht, es ausführlich befingert und intensiv prüft und es dann doch hängen lässt. Oder, und das passiert sicher noch häufiger, das Kind kommt zum Mittagstisch, offensichtlich mit großem Hunger, schiebt aber den Teller zurück, sobald es sieht, was es gibt.

Der Hunger ist zwar da, aber der Appetit hat sich urplötzlich aus dem Staub gemacht. Vielleicht war nur Querdurchdengarten im Angebot und nicht Spaghetti Bolognese. In dem Fall ist das Bedürfnis zwar weiterhin vorhanden, aber die Lust fehlt. Deshalb ist es streng genommen falsch, zu sagen, derjenige „habe schon“. Aber er verhält sich so, als habe er schon. Das ist ganz klar ein Unterschied.

Wenn es ums Essen geht, dann wird gerne ein weiterer Satz nachgeschoben: Do bess ävve verschnupp. Im kölnischen Wörterbuch von Adam Wrede wird das übersetzt mit „wählerisch im Essen“ sein. Beide Wendungen gehören mit Blick auf den häuslichen Frieden zum Themensektor: „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“. Offenbar ist es eine antropologische Konstante, dass Eltern damit zu kämpfen haben, dass die lieben Kleinen nicht alles essen wollen, was in dampfenden Schüsseln vor ihnen steht. Daraus hat sich heute die Sitte entwickelt, dem Nachwuchs „eine Extrawurst zu braten“, obwohl es andernfalls wohl irgendwann der „Hunger reintreiben würde“.

Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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