Sankt Augustiner Arbeitskreis "Ärzte für Äthiopien" Tigest Lakew: "Ich möchte etwas zurückgeben"

Sankt Augustin · Seit mittlerweile 39 Jahren ist Tigest Lakew in Deutschland. Mit ihrer Familie ist die Äthiopierin damals aus Afrika nach Sankt Augustin gezogen, weil ihr Vater in Bonn als Diplomat arbeitete. Jetzt will Lakew in ihrem Herkunftsland einem Krankenhaus helfen, deshalb hat sie den Arbeitskreis "Ärzte für Äthiopien" mit Sitz in Sankt Augustin geründet.

 Abbild der teils desaströsen Zuständen in den Krankenhäusern Äthiopiens: "Die Hygiene ist schrecklich", sagt Tigest Lakew.

Abbild der teils desaströsen Zuständen in den Krankenhäusern Äthiopiens: "Die Hygiene ist schrecklich", sagt Tigest Lakew.

Foto: Tigest Lakew

Mit dabei sind Ärzte und Helfer aus Siegburg, Lohmar, Köln und Leverkusen. Mit Tigest Lakew sprach Matthias Hendorf.

Wie ist die Idee zum Arbeitskreis "Ärzte für Äthiopien" entstanden?
Tigest Lakew: Diese Idee ist schon sehr, sehr lange in mir. Ich bin 1976 von Äthiopien nach Deutschland gekommen, und habe hier immer alles gehabt: Schule, Ausbildung, Beruf. Ich möchte etwas zurückgeben in Äthiopien. Mein Vater war als Diplomat in Deutschland, jetzt will ich als Brücke nach Äthiopien dienen.

Wie sind die Verhältnisse dort?
Lakew: Die Städte sind mit dem Leben in Deutschland vergleichbar. Aber außerhalb ist es wirklich schwierig, besonders bei der medizinischen Versorgung. Deshalb wollte ich helfen. Und als Pharmareferentin lag es nahe, ein Krankenhaus zu unterstützen. Also bin ich im April runtergeflogen und habe mir drei Krankenhäuser angeschaut, von denen wir eins in Yirgalem unterstützen möchten.

[Zur Person]Was sind die größten Probleme in diesem Krankenhaus?
Lakew: Das Krankenhaus ist 340 Kilometer von der Hauptstadt entfernt und Anlaufstelle für 4,2 Millionen Menschen. Das kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen. Und dort herrscht Chaos, zumindest nach unseren Maßstäben. 20 Leute schlafen in einem Zimmer, die Hygiene ist schrecklich. Das sieht aus wie in Deutschland vor 100 Jahren.

Was ist das Schlimmste, das Sie gesehen haben?
Lakew: Teilweise schlafen da zwei oder drei Kinder auf einem Bett, und die Matratzen sind aus Schaumstoff. Schlimm war auch die Wäscherei, alle Maschinen waren kaputt. Zwei alte Männer haben die Wäsche, die ja teilweise mit Blut verschmutzt ist, von Hand gewaschen. Ich konnte nicht mehr. Das hat mich emotional überfordert. Aber die Menschen haben gelächelt. Sie wissen, wie man aus wenig viel macht.

Wie gehen die Ärzte mit den Zuständen um?
Lakew: Eine Ärztin hat mir gesagt, ich soll den Fokus auf das richten, was funktioniert und nicht auf das, was nicht funktioniert. Nur so könnten sie das alles hinbekommen.

Mit welchem Gefühl sind Sie zurück nach Deutschland geflogen?
Lakew: Dass wir das schaffen. Dass wir helfen können.

Wie haben Sie dann die Ärzte für Ihren Arbeitskreis gewinnen können?
Lakew: Durch meinen Beruf war ich mit einigen schon länger befreundet. Als ich ihnen den Bericht von der Reise gezeigt habe, waren sie begeistert. Am Ende hat ein Matratzenhersteller uns 160 Matratzen gesponsert und wir haben Rabatte auf Waschmaschinen bekommen. Auch die Ärzte statten uns mit einigen Geräten aus.

Wann kommen die Hilfsmittel in Äthiopien an?
Lakew: Ich habe den Container vorige Woche gepackt, am Montag ging es los. Ich gehe davon aus, dass es insgesamt sieben oder acht Wochen dauert, dann fliegen drei Ärzte und ich runter und übergeben alles. Das Tolle ist: Im April hatte ich die Idee, und jetzt können wir schon ganz konkret helfen. Das ist Wahnsinn, damit hätte ich niemals gerechnet. Der Arbeitskreis hat sich schnell entwickelt, ich komme kaum noch nach. Das Projekt läuft wirklich toll.

Macht Sie das stolz?
Lakew: Ja. Das macht es.

Was steht als nächstes an?
Lakew: Wir wollen einen Verein gründen, das macht die Organisation einfacher. Wir können noch keine Spendenbescheinigung ausstellen, das wollen wir ändern.

Der Arbeitskreis

Die erste Idee zum Arbeitskreis "Ärzte für Äthiopien" hatte Tigest Lakew im vergangenen Jahr. Mit dabei war auch ihre Schwester Haymanot Lakew aus Meindorf. Dieses Jahr reiste Tigest Lakew dann in ihr Heimatland und besuchte ein Krankenhaus, das sie nun mit Hilfsmitteln unterstützt. Das nächste Ziel ist es, aus dem Arbeitskreis einen Verein zu machen. Interessenten wenden sich per E-Mail an tilame@yahoo.de

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