GA-Serie "Rheinische Redensarten" Dä jlisch singem Vatte wie jekotz on jedresse

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir bedeutungstiefe Redewendungen.

Der gleicht seinem Vater wie von ihm selbst ausgeschieden.

Der gleicht seinem Vater wie von ihm selbst ausgeschieden.

Foto: GA-Grafik

Die rheinische Umgangssprache kann zuweilen eine derbe Ausprägung haben. Das passiert leicht, weil der Wille, die Dinge ganz direkt, kurz und knapp auf den Punkt zu bringen auf ein besonderes Faible für bildhafte Sprache trifft. Und schon ist es passiert. Das gilt auch für die Redensart: „Dä jlisch singem Vatte wie jekotz on jedresse“.

Um es gleich vorweg zu sagen. Dieser Satz hat auf den ersten Blick nicht viel mit Logik im Sinn. Deshalb gehen wir ohne Umschweife an die wörtliche Übersetzung ins Hochdeutsche und kommen seinem Sinn schon näher: Der gleicht seinem Vater wie von ihm selbst ausgeschieden. Die einigermaßen vornehme Übersetzung hievt uns auch über die Verständnishürde.

Väter, auf die dieser Satz schon einmal gemünzt wurde, nehmen die Kernaussage in der Regel mit Stolz entgegen. Das hat mit der anthropologischen Konstante zu tun, dass eine Mutter immer sicher sein kann, dass das Kind von ihr stammt. Beim Mann ist das dagegen kein Automatismus.

Es gibt Wissenschaftler, die sagen, deshalb habe es die Natur so eingerichtet, dass Kinder eher dem Vater als der Mutter ähneln, damit die Herren dieser Schöpfung (sic!) auch treu ihrer Brutpflegepflicht nachkommen. Denn die gemeinsame Aufzucht ist dem Erhalt Spezies des nackten Affen förderlich.

Ohne Zweifel hat sich der Satz entwickelt, bevor es den Vaterschaftstest per DNA-Analyse gegeben hat. Aber schön für den Betroffenen ist es, wenn beide Instanzen in die gleiche Richtung weisen.

Jetzt lässt sich denken, dass besonders liberale Zeitgenossen sagen: Ist doch egal, ob eigener Filius oder Kuckucksei, Hauptsache das Kind ist glücklich. Dagegen spricht allerdings der Befund, dass viele rheinische Redensarten aus einer Zeit stammen, als das dörfliche Leben noch von der Landwirtschaft geprägt war. Von Ackerbau und Viehzucht. Und da galt ein guter Stammbaum viel. Da entsprach es dem Überlebensinstinkt an die Güte des eigenen Besitzes zu glauben. Der Rest ist Schweigen.

Haben auch Sie einen rheinischen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns unter rheinisch@ga.de. Der GA bietet in Zusammenarbeit mit LVR-Sprachforscher Peter Honnen den Podcast „So geht Rheinisch“. Infos im Netz unter: www.ga.de/podcast.

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