Der Feind in meinem Garten

Wenn sich unverträgliche Nachbarkatzen begegnen, mündet das oft in einen ernsthaften Kampf.

 Hau bloß ab: Dringt das Tier des Nachbarn in ihr Revier ein, verstehen Katzen keinen Spaß.

Hau bloß ab: Dringt das Tier des Nachbarn in ihr Revier ein, verstehen Katzen keinen Spaß.

Foto: LAYER, W./ARCO IMAGES

Ein lautes Kreischen in der Nacht, Gerumpel im Garten, und dann kommt die eigene Katze mit blutigem Ohr und zerzaustem Fell herein: Wer einen Freigänger hat, wird früher oder später Zeuge der Kämpfe, die sich der eigene Liebling mit benachbarten Katzen liefert. Wenn es richtig zur Sache geht, können ernsthafte Verletzungen die Folge sein.

Doch es gibt Möglichkeiten, das Risiko für die eigene Katze zu minimieren. "Katzen sind häufig in Revierkämpfe verwickelt", erklärt Moira Gerlach vom Deutschen Tierschutzbund. Besonders nicht kastrierte Kater geraten schnell aneinander. Auch wenn rollige Katzen in der Nähe sind, steigt die Gefahr für Auseinandersetzungen. "Katzen sind komplette Individualisten", erläutert Birga Dexel, Katzenexpertin und Geschäftsführerin einer Berliner Tierberatungspraxis. Wenn man Glück hat, verstehen sich benachbarte Tiere - sie können sich aber auch spinnefeind sein.

Haltern sollte dabei klar sein, dass ihre Vierbeiner gleich zwei sehr effiziente Waffen besitzen, um ihre Gegner zu traktieren: Krallen und spitze Zähne. Verletzen sie sich damit, kann es zu Abszessen oder Infektionen kommen. "Katzen haben viele Keime im Mund", sagt Gerlach. Krankheiten wie FIV, auch "Katzenaids" genannt, können bei Kämpfen übertragen werden. Freigänger sollten auf jeden Fall dagegen geimpft werden.

Generell gibt es häufig dann Probleme, wenn eine neue Katze in die Nachbarschaft kommt. Aber auch bei langjährigen Nachbarn kann es immer wieder Stress geben. Unterordnung gebe es bei Katzen nicht. Je nach Tagesform könne mal der eine oder die andere die Oberhand haben, wirklich stabil sei das Kräfteverhältnis nie. Zwar versuchen Katzen, körperlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen und regeln viel durch Blick-Duelle oder lautes Maunzen. "Im Normalfall meidet ein Kater das Revier des anderen", sagt Gerlach. Aber: "Die Grundstücke und damit auch die Areale für Katzen werden immer kleiner, die Populationsdichte nimmt zu", beobachtet Dexel. Dementsprechend steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Revierkämpfe.

Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt daher dringend, Freigänger kastrieren zu lassen. Einerseits, um die Population zu regulieren, aber auch, um Handgreiflichkeiten zu vermeiden. Denn kastrierte Katzen haben ein kleineres Revier. Und je niedriger der Hormonspiegel bei den Kontrahenten, desto geringer ist auch das Aggressionspotenzial. Katzentherapeutin Dexel plädiert allerdings dafür, schon viel früher anzusetzen. "Suchen sie sich eine Katze aus, die gut sozialisiert ist."

Auf keinen Fall sollte man Tiere adoptieren, die jünger als zwölf Wochen sind. Denn wenn die Zeit mit Mutter und Geschwistern zu kurz war, fehle es später an grundlegendem Sozialverhalten. Der eigene Vierbeiner nimmt fremde Katzen dann schnell als Bedrohung wahr und reagiert, je nach Persönlichkeit, übermäßig ängstlich oder aggressiv. Zurückhaltende Tiere trauen sich dann oft nicht mehr aus der Wohnung, robuster veranlagte Katzen gehen schneller auf ihr Gegenüber los.

Kommt die Katze zerzaust oder humpelnd nach Hause, sollten Besitzer das ernst nehmen und ihr Tier nach Möglichkeit abtasten oder zum Tierarzt bringen. Außerdem ist es wichtig, Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen und dem Vierbeiner zum Beispiel durch eine Katzenklappe jederzeit einen Fluchtweg ins Haus offen zu lassen. Das eigene Grundstück mit Zäunen oder Katzennetzen gegen Eindringlinge abzuschirmen, sei dagegen sehr schwierig. Stattdessen hilft vielleicht ein klärendes Gespräch mit den Nachbarn. Zum Beispiel, um Zeiten zu vereinbaren, in denen die eigene Katze ungestört vom Artgenossen umherstreunen darf.

Beißt man dabei auf Granit, sind sogar rechtliche Schritte möglich. "Als Tierhalter haftet man grundsätzlich für Schäden, die das eigene Tier verursacht", erklärt die Rechtsanwältin Chantal Stockmann, die sich im hessischen Bürstadt auch mit Tierrecht beschäftigt. Der Halter des Tieres, das den Schaden verursacht hat, muss dann zum Beispiel die Tierarztkosten des verletzten Tieres übernehmen. Allerdings ist die Beweislage oft schwierig. Bei hochaggressiven Tieren kann das Gericht in letzter Konsequenz theoretisch sogar den Freigang verbieten. Meistens laufe es aber auf einen Vergleich hinaus, zum Beispiel, indem bestimmte Freigangzeiten festgelegt werden.

Erwischt man Katzen dann doch einmal beim Rangeln, sollte man als Besitzer nicht dazwischen gehen - die Verletzungsgefahr ist zu groß. Als Laie sei es ohnehin oft schwer, den Ernst der Lage zu beurteilen. "Man kann aber versuchen, die Tiere zu erschrecken oder zu vertreiben", schlägt Gerlach vor. Dann ist die Situation zunächst einmal entschärft - und beim nächsten Mal machen die Kontrahenten vielleicht einen Bogen umeinander.

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