Wie werde ich...? Bauwerksmechaniker

Bonn · "Bevor du etwas abreißen kannst, musst du wissen, wie es aufgebaut wird" - das ist das Credo des Bauwerksmechanikers. Er muss weit mehr im Griff haben als die Abrissbirne. Wer die Ausbildung durchzieht, wird meist direkt übernommen.

 Abrissfirmen haben viel zu tun - Experten, die wissen, worauf es bei Rückbau und Abbruch ankommt, sind deshalb gefragt. Foto: Peter Förster

Abrissfirmen haben viel zu tun - Experten, die wissen, worauf es bei Rückbau und Abbruch ankommt, sind deshalb gefragt. Foto: Peter Förster

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Den Kran von links und nach rechts schwenken, mit der Abrissbirne ausholen und unter lautem Getöse das Haus zum Einsturz bringen: So stellen sich viele den Job eines professionellen Abreißers vor. Um leerstehende Gebäude wieder in ihre Einzelteile zu zerlegen, braucht es deutlich mehr. Bauwerksmechaniker für Abbruch und Betontrenntechnik - so heißt der Beruf korrekt - kümmern sich um den gesamten Rückbau- und Abrissprozess. Die Ausbildung gibt es seit 2004. Absolventen haben beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Der Bauwerksmechaniker hat noch Exotenstatus. Torben Padur vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn rechnet mit 50 bis 70 Auszubildenden pro Jahr. Vor dem Abreißen lernen die Auszubildenden zunächst das Aufbauen von Gebäuden. Nach zwei Jahren haben sie einen ersten Abschluss in der Tasche: den als Hochbaufacharbeiter. Im dritten Ausbildungsjahr folgt der eigentliche Bauwerksmechaniker. "Nur ein sehr geringer Teil steigt vorher aus."

Die Arbeit des Bauwerksmechanikers beginnt lange, bevor die erste Wand ins Wackeln gerät. Die logistische Arbeit fange schon mit dem Einrichten der Baustelle an, erzählt Malthe Fünder, der seinen Sohn im Familienbetrieb im niedersächsischen Leiferde ausbildet. Wo stehen die Container am besten, wo sind die Zufahrten?

Dann geht es an die Entkernung des Gebäudes: Die Möbel und alle verwertbaren Baustoffe müssen raus. "Bodenbelege und Vertäfelungen rausreißen", sagt Fünder. "Und bei der Gelegenheit schon Schadstoffe erkennen." Dazu gehören zum Beispiel Asbest oder PCP. Wer bringt was raus? Die Azubis müssen den Überblick behalten und lernen strukturiertes Arbeiten - "ein Delegierjob", wie Fünder sagt.

Erst danach folgt das Abtragen der Mauern. "Die schwingenden Kugeln gibt es auch noch", sagt Fünder. Sie seien am effizientesten. Aber meist komme ein Bagger mit verschiedenen Anbauwerkzeugen zum Einsatz: Stahlschere, Betonschere, Sortiergreifer, Pulverisierer. "Die Abrissbirne ist sinnvoll, wenn ringsum Platz ist und man durch die Erschütterungen nicht die Nachbarn beeinträchtigt." Und mit der Kugel gehe es einfach schneller.

Florian Peternel aus Harthausen in der Pfalz ist 21 Jahre alt und hat seit Juli 2012 ausgelernt. "Ich fand es gut, dass man mal von zu Hause wegkam", sagt er über seine Ausbildung. "Man war auf sich alleine gestellt, man hat andere Leute kennengelernt, andere Charaktere. Angehende Bauwerksmechaniker wechseln zwischen drei Standorten: dem Betrieb, der Berufsschule in Gelsenkirchen und dem Überbetrieblichen Ausbildungszentrum in Hamm. Weil der Beruf so klein ist, finden sich in Hamm Azubis aus ganz Deutschland zusammen, um das zu lernen, was Betrieb und Schule nicht vermitteln können, weil etwa die Maschinen fehlen oder die Auftragslage nicht passt.

Malthe Fünder hat die Erfahrung gemacht, dass die Ferne zur Heimat nicht bei allen Ausbildungsanwärtern gut ankommt. "Wenn die noch jung aus der Schule kommen, wollen die nicht gleich von Mama weg." Viele machten einen Rückzieher. Für seinen Sohn sei es anfangs schwierig gewesen, eine Berufsschule zu finden, die mit den Zeiten in Hamm vereinbar war. "Aber seit Gelsenkirchen läuft das eigentlich rund."

Der frische Bauwerksmechaniker Peternel hat sich schnell im Beruf zurechtgefunden. "Ich bin ein Typ, der kein Problem hat, neue Dinge aufzufassen." Er weist auf die hohe Verantwortung in seinem Job hin: "Unsere Maschinen sind sehr teuer." Einfach drauflos sägen - das könne man vergessen. "Sonst klemmt das Blatt für 800 Euro in der Wand - und du kannst sehen, wie du es rauskriegst."

Malthe Fünder erwartet von Azubis neben Leistungsbereitschaft auch Kreativität. "Man bekommt oft keine Zeichnung. Die Situation beim Abbruch verändert sich ständig." Die Azubis sollten von der Statik her denken, sich die Dinge räumlich vorstellen können. Es sei immer die Frage: Was haben sich die Konstrukteure beim Bau gedacht?

Mathekenntnisse schaden nicht, sind Fünder zufolge aber nicht ausschlaggebend: "Manche hatten einfach keinen Bock auf Schule, sind aber doch ganz pfiffig." Laut Torben Padur vom BIBB haben 85 Prozent der Azubis einen Hauptschulabschluss.

Wer die Ausbildung schafft, wird häufig vom Betrieb übernommen. "Der Beruf ist zur Nachwuchssicherung. Die Betriebe bilden bedarfsgerecht aus", sagt Padur. Nach den drei Jahren gebe es meist gleich den Anschlussvertrag. "Da gibt es gute Zukunftsperspektiven - mit allen Aufstiegschancen, die dieser Beruf bietet." Weitere Details zur Ausbildung hält der Deutsche Abbruchverband auf seiner Website bereit.

"Die meisten werden als Maschinenführer oder Vorarbeiter weitermachen", schätzt Fünder. "Die Jungs, die noch mehr Ambitionen haben, können sich weiterbilden." Infrage kommt Padur zufolge etwa der staatlich geprüfte Polier oder ein Meister. Florian Peternel will in der Abendschule den Bautechniker machen und kann sich vorstellen, irgendwann in die Schweiz zu gehen. "Da gibt es größere Betriebe."

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