Beraten und verkauft - Die richtige Anlagetaktik für Senioren

Wiesbaden · Ältere Kunden trauen ihrem Bankberater oft uneingeschränkt. Die Folge: Sie werden leichter Opfer von Falschberatungen. Auch Senioren sollten sich daher nicht nur auf einen Berater verlassen - selbst wenn sie ihn schon lange kennen.

 Viele Senioren vertrauen ihrem Bankberater. Das kann ein Fehler sein, denn diese sind mitunter mehr an der Provision als an der Zufriedenheit ihrer Kunden interessiert. Foto: Mascha Brichta

Viele Senioren vertrauen ihrem Bankberater. Das kann ein Fehler sein, denn diese sind mitunter mehr an der Provision als an der Zufriedenheit ihrer Kunden interessiert. Foto: Mascha Brichta

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Senioren sind bei Bankberatern oft gern gesehene Kunden. Der Grund: Wird etwa eine private Renten- oder eine Lebensversicherung fällig, steht den Rentnern mit einem Schlag eine stattliche Summe zur Verfügung. Und dieses Geld will wieder angelegt werden. Das Problem: Die angebotenen Produkte passen nicht immer zum Bedarf der Senioren. Denn die Berater sind mitunter mehr an den Provisionen interessiert als an der Zufriedenheit ihrer Kunden.

"Ältere Kunden haben oft noch das Bild vom Bankbeamten im Kopf", erklärt Finanzpsychologin Monika Müller aus Wiesbaden. "Sie nehmen ihn wie einen Treuhänder wahr, der sich um ihr Geld kümmert." Dass in den Filialen der Finanzinstitute aber Produkte verkauft werden, werde häufig ausgeblendet. "Zeichen, die darauf hindeuten, wie etwa Werbeplakate oder Prospekte, nehmen die Kunden nicht bewusst wahr." Und daher machen sie in der Praxis Fehler. So ist es tatsächlich vorgekommen, dass 88-Jährige zu Produkten mit Laufzeiten von 20 Jahren gegriffen haben. "Solche Anlagen sind aber in der Regel ungeeignet", sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Um solche Fallen zu vermeiden, müssen sich Senioren auf eine Finanzberatung gut vorbereiten. Sie sollten sich in jedem Fall über ihr Anlageziel im Klaren sein, bevor sie zu ihrem Bankberater gehen, sagt Eberhard Beer von den Alten Hasen, einem Beratungsnetzwerk von ehemaligen Bankern. Wichtige Punkte: "Muss ich mit dem Geld meine Rente aufbessern? Will ich mir davon einen Platz im Altersheim kaufen oder spare ich es für die Enkel?", fragt Beer. "Je gründlicher die eigene Vorbereitung ist, desto besser."

Für das eigentliche Gespräch mit dem Berater gilt: besser zu zweit in die Filiale gehen, auch wenn der Kunde den Berater schon seit Jahren kennt und ihm vertraut. "Es ist gut, einen Zeugen dabei zu haben", sagt Karin Baur von der Stiftung Warentest in Berlin. "Außerdem sollte der Anleger das Beratungsprotokoll gut durchlesen und darauf achten, dass die eigenen, ausdrücklichen Wünsche genau drin stehen, zum Beispiel, wie viel Geld immer zur Verfügung stehen soll." Das Protokoll müsse der Berater unterschreiben.

Die Senioren selbst sollten das Beratungsprotokoll jedoch nicht unterschreiben, auch wenn der freundliche Berater darum bittet, sagt Eberhard Beer. Der Grund: "Wenn Sie unterschrieben haben, haben Sie danach keine Chance wegen Fehlberatung etwas zu unternehmen", erklärt der Finanzprofi. "Die Bank wird sich immer auf die geleistete Unterschrift berufen."

Wichtig sei auch, das Produktinformationsblatt gut durchzulesen und mitzunehmen. "Und wenn Sie etwas nicht verstehen: fragen, fragen, fragen", sagt Beer. Auch nach den anfallenden Gebühren und Provisionen sollten Kunden sich erkundigen, obwohl diese von den Beratern eigentlich unaufgefordert genannt werden müssten.

Nachzufragen ist für ältere Kunden aber mitunter ein großes Problem. "Viele haben Angst zuzugeben, dass sie etwas nicht verstanden haben", sagt Finanzpsychologin Müller. Von dieser Angst müssten sie sich aber befreien. Denn schließlich gehe es häufig um größere Summen, die wieder angelegt werden sollen. "Banker sind keine Berater, sondern Verkäufer", gibt auch Verbraucherschützerin Klug zu bedenken.

Nach der Beratung sollten Senioren das Gespräch daher erst einmal sacken lassen. "Reden Sie mit anderen darüber, zum Beispiel mit ihren Kindern oder weiteren Banken", empfiehlt Karin Baur. "Und lassen Sie sich nicht von Bankangestellten zu etwas überreden." Das findet auch Finanzpsychologin Müller: "Für ältere Kunden ist es wichtig, eine Vertrauensperson außerhalb der Bank zu haben." Sie sollten sich etwa in der Familie einen freundlichen Kritiker suchen, der ihnen in finanziellen Fragen beratend zur Seite stehen kann.

Welche Anlagen für einen Senioren in Betracht kommen, hängt stark von der persönlichen Situation ab. Tagesgeld, Festgeld oder Sparbriefe sind nach Ansicht der Experten sicher und gleichzeitig flexibel. Diese Anlagen unterliegen der Einlagensicherung bis 100 000 Euro. "Im Moment sind Sparprodukte mit kürzen Laufzeiten sinnvoll", sagt Klug. "Wegen der niedrigen Zinsen sollte man sich nicht länger binden, um den Aufschwung nicht zu verpassen."

"Je älter man ist, desto sicherer sollte man sein Geld anlegen", sagt Eberhard Beer. "Es sei denn, der finanzielle Spielraum erlaubt den Einstieg in Aktien." Sollte das so sein, rät der Finanzexperte zu Aktienfonds, die nicht erst neu aufgelegt worden sind. "Bei älteren Fonds können die Anleger sehen, wie der Fonds in der Vergangenheit gelaufen ist."

Wer nach dem Kauf ein ungutes Gefühl hat, sollte keine falsche Scheu an den Tag legen. "Wenn Sie denken, Sie haben einen Fehler gemacht, nehmen Sie allen Mut zusammen und revidieren Sie Ihre Entscheidung", sagt Finanzpsychologin Müller. Schließlich gehe es um das eigene Geld.

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