Coronavirus und Arbeitsrecht Wann dürfen Arbeitnehmer bei Krankheit zuhause bleiben?

Bonn · Das neue Virus Sars-CoV-2 verbreitet sich auch in Deutschland immer weiter. Während erste Betriebe konkret von den Auswirkungen erfasst werden, wächst auch die Unsicherheit unter den Arbeitnehmern. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 Symbolfoto.

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Foto: dpa/Patrick Pleul

Ich habe Angst, mich am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dahin anzustecken. Darf ich zuhause bleiben und Homeoffice machen?

Es gibt kein grundsätzliches Recht auf Homeoffice. „Nur, wenn der Arbeitnehmer konkrete Symptome aufweist und diese vom Arzt bestätigt sind, dürfte er gegebenenfalls von zuhause arbeiten“, sagt Aziza Yakhloufi, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner. Solange das Unternehmen also von sich aus keine flächendeckende Anweisung gibt, zuhause zu bleiben, müssen die Mitarbeiter in die Firma fahren. „Grundsätzlich besteht die Pflicht, wie immer seine Arbeitsleistung zu erbringen“, so Yakhloufi. Anders sieht es natürlich aus, wenn der Betrieb diese Option von sich aus anbietet – oder sogar vorschreibt.

Welche Pflichten haben die Arbeitgeber?

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern – und die gilt besonders in Zeiten erhöhter Gesundheitsgefahr. „Das heißt, sie müssen vorbeugende Maßnahmen ergreifen“, sagt Yakhloufi. Der erste Schritt ist der Hinweis auf Hygieneregeln, der beispielsweise per E-Mail verschickt werden kann. Der Betrieb sollte auch klarstellen: Wer sich krank fühlt, soll zuhause bleiben. Wenn die Infektionswelle rollt, ist Homeoffice eine gute Option. Die Firmen dürfen Mitarbeiter nicht in Gebiete schicken, vor denen das Außenministerium ausdrücklich warnt.

Ich bin mit Husten oder Fieber von einer Reise nach Italien zurückgekehrt. Was soll ich machen?

Hier ist Vorsicht geboten, schließlich gilt es derzeit, die Ausbreitung zu verlangsamen. „Menschen, die aus Risikogebieten nach Hause kommen oder Kontakt zu infizierten Personen hatten, sollten in Quarantäne bleiben“, sagt Swantje Middeldorff von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Wer mit Risikopersonen Kontakt hatte und leicht erhöhte Temperatur aufweist, sei bereits ein Verdachtsfall. Dann sollte der Arzt einen Test durchführen.

Ich war im Karneval oder in Italien außerhalb der Risikogebiete und fühle mich jetzt krank.

Das ist kein Grund, sich anders zu verhalten als sonst. „Wenn ich mich krank fühle, muss ich zuhause bleiben“, sagt Fachanwältin Yakhloufi. Es gebe aber, was Covid-19 angeht, keinen Generalverdacht. Wer zum Beispiel weit weg von der betroffenen Gemeinde Heinsberg im Karneval war, kann nur zuhause bleiben, wenn er wirklich Symptome aufweist.

Was, wenn mein Partner in Italien war und jetzt Fieber hat?

Auch hier empfehlen Experten, den Fall abzuklären. „Wenn die Symptome schon in der Familie sind, sollte man dringend zuhause bleiben!“, sagt Middeldorff. Da die Partner, die sich gesund fühlen, aber eigentlich nicht arbeitsunfähig sind, können sie auch nicht krankgeschrieben werden. Diese Menschen können sich dann beim Gesundheitsamt melden und erhalten dort eine entsprechende Bescheinigung.

Wenn ich im Falle einer Erkrankung das Haus nicht verlassen soll oder Arztpraxen meiden möchte, wie komme ich an die Krankschreibung?

Auch bei Verbreitung eines neuen Virus‘ gilt, was auch bei allen bisherigen Erkrankungen galt: Für eine Krankschreibung müssen Sie auf jeden Fall zum Arzt. „Sollte jemand eine konkreten Corona-Verdacht haben, sollte er in der Praxis anrufen“, empfiehlt die Kassenärztliche Vereinigung. Die Ärztin kann entscheiden, wie sie mit dem Fall am besten umgeht.

Was ist, wenn ich nur leichtes Halskratzen habe?

Ohne Kontakt zu Risikopersonen gelten Sie erst einmal nicht als Verdachtsfall.

Mein Unternehmen stellt wegen eines Verdachts auf Covid-19 den Betrieb ein. Erhalte ich weiterhin meinen Lohn?

Ja. „Grundsätzlich besteht die Pflicht zur Entgeltzahlung“, sagt Fachanwältin Yakhloufi. Die Verbreitung einer Krankheit liege im Bereich der Risiken, die der Arbeitgeber trägt. Wenn die Mitarbeiter arbeitswillig und arbeitsfähig sind, gibt es keinen Grund, die Gehälter nicht zu überweisen.

In Hamburg ist ein Reiseveranstalter zahlungsunfähig, weil ihm das Geschäft weggebrochen ist. Was passiert in solchen Fällen?

Es gilt das normale Insolvenzrecht. Hier unterscheiden sich Probleme aufgrund einer Epidemie nicht von allen anderen Ursachen für Zahlungsschwierigkeiten. Wenn einfach kein Geld mehr da ist, um die Mitarbeiter zu bezahlen, dann sind auch die Gerichte machtlos.

Ich war in einem Land wie Italien oder Südkorea im Urlaub, wo viele Fälle aufgetreten sind. Muss ich das dem Arbeitgeber melden?

Grundsätzlich geht es die Firma nichts an, wohin wir in Urlaub fahren. „Es greifen jedoch Ausnahmen“, sagt Anwältin Yakhloufi. Wer in einer Gegend war, für die das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen hat, muss das dem Unternehmen mitteilen, wenn sich Krankheitssymptome zeigen. Schließlich geht es auch um die Sicherheit der Kollegen.

Können Betriebsärzte anordnen, dass die Belegschaft zuhause bleiben muss?

Betriebsärzte werden durch den Arbeitgeber beauftragt und melden ihre Erkenntnisse auch in erster Linie an diesen zurück. Bei Covid-Verdacht müssen sie sich aber mit den Gesundheitsämtern in Verbindung setzen – und die können im Extremfall eine Betriebsschließung veranlassen.

Ich fühle mich nicht wohl und möchte mich testen lassen.

Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Wenn dieser einen Grund für den Test sieht, kann er einen Rachenabstrich machen und die Probe ins Labor einsenden. Die Ärzte werden das aber gerade in der Erkältungszeit aber nur nach Kontakten mit erwiesenen Überträgern für nötig halten. Gute Gründe für den Test sind ein bestätigtes Zusammentreffen mit einer infizierten Person oder eine aktuelle Reise in die Lombardei oder nach Wuhan. Auch ein positiver Test bedeutet in den meisten Fällen keine Katastrophe – die Krankheit bereitet oft nur wenig Beschwerden. „Patienten, die nur leicht erkrankt sind, müssen nicht zwangsläufig in einem Krankenhaus aufgenommen werden, können aber unter häusliche Beobachtung gestellt werden“, so die Verbraucherzentrale.

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