Nicht für jeden geeignet Hormonfreie Verhütung mit Hilfe von Apps

Berlin · Verhütungs-Apps unterstützen Frauen bei der sogenannten natürlichen Familienplanung. Bei dieser hormonfreien Art der Verhütung gibt es jedoch einiges zu beachten - für jeden ist sie nicht geeignet.

 Ein Blick aufs Smartphone kann mit der richtigen App verraten, ob eine Frau fruchtbar ist. Die Bedienung solcher Apps erfordert allerdings recht viel Engagement.

Ein Blick aufs Smartphone kann mit der richtigen App verraten, ob eine Frau fruchtbar ist. Die Bedienung solcher Apps erfordert allerdings recht viel Engagement.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Neun Jahre lang schluckte Maggie Fricke jeden Tag eine kleine Tablette, die sie vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen sollte. Dann hatte sie die Pille "im wahrsten Sinne des Wortes satt", wie sie sagt.

"Aus Mangel an Alternativen entschied ich mich für die natürliche Verhütung." In ihrem Blog wearetheladies.de berichtet sie von ihren Erfahrungen. So wie Maggie Fricke geht es auch anderen Frauen. Eine hormonelle Verhütung stellt immer einen Eingriff in den Hormonhaushalt des Körpers dar und kann Nebenwirkungen haben: Das Thrombose-Risiko ist erheblich erhöht, manche Frauen beklagen sexuelle Lustlosigkeit, andere berichten von Depressionen. Die eine oder andere denkt deshalb über Alternativen nach. Wer nicht dauerhaft mit Kondomen verhüten will, kann es mit der natürlichen Familienplanung - kurz NFP - versuchen. Dabei helfen mittlerweile eine Reihe von Smartphone-Apps.

Bei der NFP-Methode wird an den wenigen fruchtbaren Tagen im weiblichen Zyklus zusätzlich verhütet, an unfruchtbaren Tagen verzichtet man darauf. Wann ungefähr eine Frau fruchtbar ist, kann sie mit der sogenannten symptothermalen Methode feststellen. Dafür notiert sie zunächst, in welchem Abstand sie ihre Periode bekommt. Zusätzlich misst sie jeden Morgen um die gleiche Zeit ihre Körpertemperatur. "Die natürliche Verhütung basiert auf der Tatsache, dass sich die Körpertemperatur mit dem Eisprung um 0,2 bis 0,5 Grad erhöht und bis kurz vor der Menstruation erhöht bleibt", erklärt Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte.

Ein zusätzlicher Anhaltspunkt ist der Zervixschleim. Das ist das Sekret, das von den Drüsen des Gebärmutterhalses ausgeschieden wird. Der Schleim sieht im Laufe des Zyklus unterschiedlich aus, seine Beschaffenheit lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die Fruchtbarkeit zu. Smartphone-Apps können helfen, bei all dem nicht den Überblick zu verlieren. Einige übernehmen auch die Auswertung. Ines Thonke von Profamilia rät, vor dem Download genau hinzusehen: Informationen über das Programm, wie Hersteller, versteckte Kosten oder Datenschutz sollten bei seriösen Apps einzusehen sein. Bei Verhütungs-Apps ist außerdem eine Übersicht der Funktionen, Angaben über die zugrundeliegende Messmethode wichtig.

Populär sind beispielsweise myNFP , ovuview oder iNFP - unabhängige, wissenschaftliche Studien zur Sicherheit der Apps gibt es bislang jedoch nicht. Für Aufsehen sorgte vor kurzem die App Natural Cycles, die damit wirbt, als erste Smartphone-App vom Tüv Süd als sicheres Verhütungsmittel zertifiziert zu sein. Bei der Zertifizierung von "Natural Cycles" hat der Tüv Süd jedoch nur bestätigt, dass die App die Anforderungen der europäischen Medizinprodukterichtlinie erfüllt - über die Sicherheit der Verhütungsmethode kann er keine Aussagen treffen, erklärt Sprecher Thomas Oberst.

Christian Albring sieht generelle Probleme bei der natürlichen Familienplanung. Denn wie hoch die Körpertemperatur beim Messen morgens ist, hängt ihm zufolge von vielen Faktoren ab: Infektionen, Stress, Alkohol, wenig Schlaf oder Sport am Abend sind nur einige davon. "In all diesen Fällen kann man keine zuverlässige Aussage darüber treffen, ob die Temperaturerhöhung durch die Lebensbedingungen verursacht ist oder durch den Eisprung."

Richtig angewendet sei die Methode aber sehr sicher, erklärt Günter Freundl, der für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin natürliche Verhütungsmethoden untersucht. Belastbare Studien gebe es allerdings bisher nur zu speziellen Zykluscomputern, die deutlich teurer sind als Smartphone-Apps.

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