Mittagshitze und Zugluft Hitze-Mythen auf dem Prüfstand

Berlin/Bremen · Um die Hitze ranken sich viele Mythen - von den höchsten Temperaturen, die es angeblich immer mittags gibt, bis zum Hitzefrei für Arbeitnehmer. Wir nehmen sechs gängige Annahmen unter die Lupe.

Hochsommer 2018, Deutschland schwitzt bei Temperaturen weit jenseits der 30-Grad-Marke. Weil es so heiß ist, gilt es im Alltag vieles zu beachten: Mehr trinken zum Beispiel wird empfohlen, und die Blumen besser morgens als nachmittags zu gießen. Manche Weisheit entpuppt sich allerdings als Mythos. Ein Faktencheck.

Stimmt es eigentlich, dass es mittags am heißesten ist?

Fragt man beim Deutschen Wetterdienst nach der „Mittagshitze“, ist die Antwort klar: „Das ist kein meteorologischer Begriff“, sagt Sprecher Andreas Friedrich. Hitze sei streng genommen alles über 30 Grad, entsprechend könne es mittags auch mal Hitze geben. Die eine „Mittagshitze“ gebe es aber nicht. Die DWD-Messstationen registrierten den heißesten Zeitpunkt des Tages in der Regel zwischen 16.00 und 17.00 Uhr. Dann hat die Sonne den Boden maximal erwärmt, mit sinkendem Sonnenstand fallen anschließend die Temperaturen wieder. Man könnte also eher von einer „Feierabendhitze“ sprechen.

Stimmt es eigentlich, dass man abends nicht joggen gehen sollte?

Jein. Hintergrund für diese gelegentlich ausgesprochene Empfehlung sind hohe Ozonwerte in der Luft. Das farblose, giftige Gas kann die Atemwege reizen, erläutert das Umweltbundesamt. Da die Werte im Sommer meist am Nachmittag am höchsten sind, rät die Behörde zum Beispiel Asthmatikern, zu dieser Tageszeit körperliche Aktivitäten im Freien zu vermeiden. Bei gesunden Menschen hält es Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln so: Wer kann, geht besser schon früh morgens joggen. Und wer das nicht kann, joggt besser am Abend als gar nicht. Faul herumzusitzen sei gefährlicher, sagt er.

Stimmt es eigentlich, dass Zugluft schädlich ist?

Wenn Luft über verschwitzte Haut streift, entsteht Verdunstungskälte. Die Körperoberfläche wird also gekühlt. Das ist bei Hitze erstmal angenehm. Allerdings kann sich dadurch die darunter liegende Muskulatur verspannen, erklärt Hans Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Bremen. Mögliche Folgen sind ein steifer Nacken oder auch Kopfschmerzen. Alternativ kühlen feuchte Lappen oder Fußbäder, empfiehlt Sabine Gehrke-Beck, Allgemeinmedizinerin an der Berliner Charité.

Stimmt es eigentlich, dass man beim Blumengießen kein Wasser auf die Blätter gießen soll?

Es heißt zwar, dass Wassertropfen auf den Pflanzen in der Sonne wie Brenngläser wirken - die Blätter verbrennen also eher, wenn man das Gießwasser über sie gießt. Isabelle Van Groeningen von der Königlichen Gartenakademie in Berlin sagt jedoch: „Ich halte den Tipp für übertrieben. Den meisten Pflanzen macht das nichts aus.“ Nur jene mit wolligen und filzigen Blättern wie der Wollziest litten darunter - „sie sind konzipiert dafür, in Trockenheit zu leben.“

Stimmt es eigenlich, dass Arbeitnehmer bei hohen Temperaturen hitzefrei bekommen?

Nein. Am Arbeitsplatz sollten die Temperaturen zwar erträglich sein. Arbeitsräume, die wärmer als 26 Grad Celsius sind, sind in der Regel nicht vorgesehen, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutsche Anwaltverein, und ab 35 Grad gelten sie endgültig nicht mehr als adäquate Arbeitsumgebung. Der Arbeitgeber muss die Räume dann herunterkühlen oder für Ersatz sorgen. Einfach gehen dürfen betroffene Angestellte aber nicht. Sie müssen ihrem Chef vielmehr Zeit geben, die Temperatur zu regeln oder einen kühleren Raum zu organisieren. Gelingt das nicht, kann man sich meist auch auf eine Alternative einigen - zum Beispiel einen Tag im Homeoffice, für den man sich dann selbst ein schattiges Plätzchen sucht.

Auch an Arbeitsplätzen im Freien muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht in Gefahr ist - zum Beispiel dadurch, dass er für Schatten sorgt, kühle Getränke bereitstellt oder schwere Arbeit in die frühen Morgenstunden verlegt, wie die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft erläutert.

Stimmt es eigentlich, dass Smartphones unter der Hitze leiden?

Kann sein. Manches Smartphone mag Sonnenstrahlung und Hitze gut überstehen, bei anderen kommt es zu Beeinträchtigungen - zum Beispiel am Akku, der laut dem Tüv Süd schon ab einer Temperatur von 35 Grad Schaden nehmen kann. Das äußert sich in geringerer Leistung, kürzerer Lebensdauer, Kurzschlüssen oder - schlimmstenfalls - durch einen Akkubrand. Auch die Pixel im Display können durch Hitze und direkte Sonneneinstrahlung Schaden nehmen. Die Folgen sind dann zum Beispiel Darstellungsstörungen oder blinde Flecken. Moderne Smartphones schalten sich bei zu großer Hitze auch von selbst ab oder zeigen einen Hinweis an - spätestens dann gehört das Gerät in den Schatten.

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