„Bitte, bitte nur heute!“ Wie gehen Eltern mit Ausnahmen um?

Bonn · Länger aufbleiben als vereinbart, eine Extraportion Süßes beim Einkauf erquengeln: Manchmal kommt es in der konsequenten Erziehung zu Ausnahmen. Ist das schlimm? Es kann sogar gute Gründe dafür geben.

 Will das Kind gegen die Regeln abends noch einen Film sehen, sollten Eltern nur zustimmen, wenn die Ausnahme gerechtfertigt ist. Foto: Arne Dedert/dpa

Will das Kind gegen die Regeln abends noch einen Film sehen, sollten Eltern nur zustimmen, wenn die Ausnahme gerechtfertigt ist. Foto: Arne Dedert/dpa

Foto: Arne Dedert

Konsequenz wird Eltern von allen Seiten als ein Grundpfeiler der Erziehung verkauft. Mit täglich wiederkehrenden Ritualen versuchen sie Regeln durchzuhalten.

Doch dann kommen die Tage, da passt es einem selbst ganz gut, wenn das Kind mal länger aufbleibt - schließlich handelt es sich um einen Fest-, Feier- oder Geburtstag. Oder weil seltener Besuch kommt, fällt plötzlich der gewohnte Mittagsschlaf aus. Vielleicht sitzen Mama oder Papa auch völlig ausgepowert von ihrem Tag in der Ecke und sagen kraftlos nickend „Ja“ zum Eis noch vor dem Abendbrot.

Streng wird dem Kind dann verkündet, dass es sich nur um eine Ausnahme handelt. Insgeheim denkt man: „Mist, hoffentlich reißt das jetzt nicht ein und alle Erziehung war für die Katz.“

Wie sollten Eltern also mit Ausnahmen umgehen?

Für Erziehungsexpertin Nicola Schmidt gibt es zwei Situationen, die Ausnahmen rechtfertigen: „Das ist einmal die Verfassung des Kindes. Und zum anderen die eigene Verfassung.“ Dahinter stecke sogar auch eine Erziehungsregel: „Wir helfen uns, wenn wir Hilfe brauchen“, formuliert es die Buchautorin von „Erziehen ohne Schimpfen“.

So gibt es zwar einleuchtende Regeln wie „Keine Gummibärchen vor dem Mittagessen!“, aber auch Tage, an denen das Kind in einen Stresszustand geraten ist. „Wenn das Kind in schlechter Verfassung ist, lernt es ohnehin nichts. Dann kann man ruhig mal Ja zum Gummibärchen sagen. Das machen Erwachsene mit der berühmten Schoki am Abend auch nicht anders“, sagt Schmidt.

Kinder wollen nicht manipulieren

Doch besteht da nicht die Gefahr, dass der kleine Mensch künftig nur eine schlechte Verfassung vorspielt, um seinen Willen durchzusetzen? „Das ist ein weit verbreiteter Irrtum“, widerspricht Schmidt: „Kinder wollen kooperieren und nicht manipulieren.“

Eltern würden ohnehin merken, wie es ihrem Kind geht. Fängt es aus Trotz an zu weinen, um eine Ausnahme zu erreichen, sagt man einfach: „Nein, Schatz, heute bleiben wir bei unserer Regel.“

Auch Eltern geht es mal mies. In dieser Verfassung fehlt dann die Kraft, konsequent zu sein. Da sei es durchaus legitim, zu sagen: „Bevor wir uns streiten, kaufe ich dir jetzt den Joghurt.“ Richtschnur des gegenseitigen Aushandelns sei dabei immer die Regel: „Tun Sie mit Ihrem Kind nicht etwas, was Sie mit Ihrem Partner auch nicht tun würden.“

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort