Fragen und Antworten Wie fit macht "Fitnessbrot" wirklich?

Berlin · Bei Backwaren ist die Auswahl riesig - und der Wettbewerb hart. Da kommen zusehends spezielle Brot-Varianten auf den Markt, die gut für die Gesundheit sein sollen. Aber sind sie das wirklich? Verbraucherschützer wollen mehr Klarheit.

 Verschiedene Brot- und Brötchensorten auf der Internationalen Grünen Woche 2019.

Verschiedene Brot- und Brötchensorten auf der Internationalen Grünen Woche 2019.

Foto: dpa

Kennen Sie „Vitalbrot“? Oder „Sportlerbrot“? Beim Bäcker und im Supermarkt greifen viele Kunden nicht immer nur zum Vertrauten. Auch beim traditionellen täglichen Brot locken mehr und mehr neue Kreationen - mit Ölsaaten, Chia-Samen oder viel Eiweiß. Und Backwaren mit extra gesund anmutenden Bezeichnungen haben auch ihren Preis. Doch was steckt eigentlich genau drin? Verbraucherschützer fordern nicht nur bei „Trendbroten“ mehr Klarheit über Zutaten und viel versprechende Produktnamen, um Irreführung zu vermeiden.

Wo ist das Problem?

„Fast alle Menschen essen Brot, und ein Großteil der Verbraucher achtet auf einen gesunden Lebensmitteleinkauf“, sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. „Hinter gesund klingenden Fantasienamen loser Backwaren stehen jedoch nicht zwangsläufig gesunde Produkte.“ Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten schätzen Bezeichnungen wie „Fitnessbrot“, „Powerbrot“ oder „Joggingbrot“ in puncto Gesundheit positiv ein, wie eine Umfrage für den Verband ergab - „Weizenmischbrot“ aber nur knapp 40 Prozent.

Welche Informationen gibt es schon?

Bei verpacktem Brot im Supermarkt müssen die Zutaten aufs Etikett gedruckt werden. Direkt in den meist dicht bestückten Regalen vieler Bäckereien stecken dagegen oft nur kleine Schilder mit Produktname und Preis. Für mehr Informationen zu Inhaltsstoffen, Allergenen oder Kalorien gebe es eine klare Lösung, heißt es beim Spitzenverband der Lebensmittelbranche BLL: das Verkaufspersonal fragen. Für Werbung mit Gesundheitsversprechen gilt in der EU eine verbindliche Liste mit erlaubten Aussagen. Doch die hat Feinheiten, wie Verbraucherschützer monieren. So bedeute „Ballaststoffquelle“ bei Brotmindestens drei Gramm davon pro 100 Gramm, „ballaststoffreich“ aber doppelt so viel.

Was wollen die Verbraucherzentralen?

Auch bei losen Backwaren sollten Kunden verlässlich Angaben zu Zutaten und Nährwerten bekommen, fordert Verbraucherschützer Müller. Und zwar am besten per Schild direkt am Produkt. Bäckereien, aber auch Selbstbedienungs-Stationen in Supermärkten könnten das sicher kreativ und lesbar ermöglichen. Viele Kunden wollten nicht erst im Internet oder irgendwelchen Kladden nachschlagen. Geschärft werden sollten auch Leitsätze im Deutschen Lebensmittelbuch, das die zu erwartende Beschaffenheit beschreibt - also eine Art Reinheitsgebot beispielsweise für Brotnamen, die so ähnlich wie „Vollkorn“ klingen.

Was sagen die Handwerks-Bäckereien?

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks betont, es gebe bei unverpackter Ware aus gutem Grund andere Vorgaben. Denn je nach Größe der Bäckerei sei die Produktion nur mehr oder weniger standardisiert. Zutaten könnten je nach Rohstoffangebot leicht variieren - und für jede kleine Rezepturänderung müssten dann neue Zutatenverzeichnisse und Schilder für sämtliche Filialen erstellt werden. „Backstationen im Discounter können das vielleicht, da ihre vorgebackenen Teiglinge aus industrieller Herstellung stammen“, sagt Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider. Im Handwerk sei das dagegen nicht leistbar. Auch in Restaurants bekomme man ja keine Zutatenverzeichnisse aller Speisen.

Wie wichtig ist der Brotmarkt überhaupt?

Deutschland ist ein traditionelles Brotland, mehr als 98 Prozent aller Haushalte kaufen zumindest einmal jährlich Brot. Im Schnitt waren es 2017 nach Marktforschungsdaten 44 Kilogramm pro Haushalt. Dabei ist die Vielfalt mit mehr als 3200 Sorten im „Brotregister“ der Branche groß - von beliebten Mischbroten bis zu Apfel-Kürbis-Brot oder Dinkeltoast. Insgesamt kommen Bäckereien auf rund 14 Milliarden Euro Umsatz. Davon entfallen zwei Drittel auf die kleine Gruppe großer Unternehmen mit mehr als fünf Millionen Euro Jahresumsatz. Da hätten gerade traditionelle Bäcker mit klareren Kennzeichnungen die Chance, ihre Stärken auszuspielen, sagt Verbraucherschützer Müller.

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