Wildkräuter als Zutat in der Küche Pflücken lohnt sich

Es blüht so grün, so bunt, so fein – denn es ist längt nicht alles Unkraut, was in der freien Natur wächst. Viele Wildpflanzen machen sich sehr gut im Salat, als Pesto, Mousse oder auch als Smoothie.

 Wildkräuter als Salat

Wildkräuter als Salat

Foto: Annett Seidler - Fotolia

Bonn. Die Natur gleicht einem Zaubergarten, in dem nicht immer alles so ist, wie es scheint. Und er wandelt sich beständig, zumindest aus der Sicht seiner Besucher: Lange Zeit schien klar, welche darin wachsenden Kräuter man für den Einsatz in der Küche pflücken und welche man als Unkraut besser ignorieren sollte – Giersch und Brennnesseln zum Beispiel, die in der Wildkräuter-Küche von heute eine beliebte Basis für Salate aller Art darstellen. Beide verfügen über ein frisches Aroma, und das ehemalige Unkraut Giersch könnte man im Blindtest leicht mit Spinat oder auch mit Petersilie verwechseln, so dass man es nicht nur im Salat, sondern ebenso als Gemüse verwenden kann.

Dass man Giersch und Brennnesseln, Löwenzahn oder Gänseblümchen essen kann, wissen heute viele Menschen. Aber wie mit den vergessenen Lebensmitteln umgehen? Regel Nummer eins: Man sollte sich bei der Bestimmung der Pflanze sicher sein. Denn fast jedes Kraut hat giftige Doppelgänger. Diese Sicherheit vorausgesetzt, darf man nach dem Bundesnaturschutzgesetz im Prinzip für den privaten Gebrauch überall Kräuter sammeln. Ausnahme: Naturschutzgebiete, in denen Sammelverbot herrscht. Überdies sollte man Wildpflanzen nicht in Bodennähe pflücken, denn dort geraten die Tiere mit ihnen in Kontakt. Auch Wiesenränder an viel befahrenen Straßen oder Grünflächen, die regelmäßig von Hunden bevölkert werden, sind zu meiden. Im Zweifelsfall sollte man die Pflanzen lieber kaufen und im eigenen Garten ziehen. Am besten schneidet man sie dann bei der Ernte mit dem Messer oder einer Schere ab und legt sie ganz klassisch luftig in einem Korb. Wer in der freien Natur pflückt, für den können zusätzlich Lupe und Bestimmungsbuch nützliche Werk- zeuge sein.

Zu den Klassikern unten den Wildkräutern zählen Löwenzahn, Gänseblümchen und Bärlauch. Beim Löwenzahn können sowohl die Blüten wie auch die Blütenknospen und Wurzeln in süßen und auch salzigen Gerichten verwendet werden. Die auch als Garnitur bestens geeigneten Gänseblümchen schmecken nicht nur gut, sondern wirken nebenbei auch noch antioxidativ und anregend auf den Stoffwechsel. Ebenso bietet Bärlauch nicht nur ein geruchsarmes Äquivalent zum Knoblauch, sondern hält zudem noch eine Extraportion Eisen und Vitamin C parat. So setzen die meisten Wildkräuter nicht nur frische Akzente auf dem Teller, sondern fallen dabei durch ihre sekundären Pflanzenstoffe auch noch in die Kategorie der Superfoods. Übertreiben sollte man es mit der Dosierung allerdings nicht, denn der Körper reagiert auf ihm unbekannte Lebensmittel in großer Menge mitunter irritiert.

Kräuterwechsel zu den Unbekannteren: Man denkt nicht mehr nur an Bier, wenn man die zarten Sprösslinge des Hopfens wachsen sieht. Tatsächlich kann man mit ihnen auch etwas ganz anderes anstellen. „Hopfenspargel“ nämlich gilt in Insiderkreisen als Delikatesse. Die Sprösslinge der Kletterpflanze werden hierfür wie grüner Spargel zubereitet und können entweder mit weißem Spargel kombiniert oder an seiner Stelle mit Kartoffeln, Schinken und Sauce Hollandaise serviert werden. Wichtig: Nur die jungen Triebe sind so zart, dass sie geschmacklich mit dem echten Spargel konkurrieren können.

Hier trifft man auf eine weitere wichtige Regel im Umgang mit Wildpflanzen: Bevorzugt sollte man ihre jüngsten Blätter verwenden. Je älter ein Blatt ist, desto mehr verliert sein Aroma an Feinheit. Und häufig dominiert dann Bitterkeit.

Will man die gepflückten Kräuter kurzfristig aufbewahren, kann man sie in einen Gefrierbeutel geben, leicht mit Wasser besprühen und den Beutel dann ins Gemüsefach des Kühlschranks legen. Alternativ bietet sich eine verschlossene Frischhaltebox oder ein feuchtes Küchentuch an, in das die Stängel eingeschlagen werden.

Vor der eigentlichen Verwendung sollten Kräuter stets – egal ob gekauft oder gepflückt – gewaschen werden, denn sie sind naturgemäß staubig. Dafür werden sie kurz kalt oder lauwarm abgebraust und danach trocken geschüttelt oder mit Küchenpapier trocken getupft. Robustere Exemplare lassen sich auch in einer Salatschleuder trocknen.

Wer den Geschmack der frischen Kräuter noch etwas länger bewahren will, für den bieten sich Zubereitungen wie Wildkräutersalz oder -Pesto an. Und natürlich macht sich ihre Frische auch in den allerorten angesagten Grünen Smoothies gut.

Dabei bieten die Wildpflanzen eine ganz besondere Aromenvielfalt. Der Gundermann etwa zeichnet sich durch einen feinen Minzgeschmack aus, wenn man ihn als Tee zubereitet. Auch die Blätter des Brombeerstrauchs vermitteln viel vom Geschmack der Frucht, wenn man sie in heißem Wasser ziehen lässt. Daneben gibt es viele Pflanzen, deren Geschmack einen besonderen Akzent setzen kann. Das unscheinbare Hirtentäschel etwa verbindet eine nussige Note mit feiner Schärfe. Oder die Vogelmiere: Sie verfügt über mehr Nährstoffe als ein Kopfsalat und schmeckt etwa wie junger Mais.

Im Prinzip lässt sich mit „Unkraut“ also ein ganzes Menü bestreiten. Nur beim Dessert wird man wieder auf das Altvertraute zurückgreifen müssen. Muss man? Eigentlich nicht. Denn es gibt ja auch noch die Süßdolde, aus deren Blättern man leicht eine Mousse zubereiteten, die durch ihr volles Anisaroma fasziniert.

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