Perfektes Sommergetränk Wie der Eiskaffee entstanden ist und wie er gelingt

Berlin · Von wegen kalter Kaffee. Selbiger ist weit spannender als sein Ruf. Sowie die Temperaturen klettern, zeigt er, was er kann: erfrischen und für gute Laune sorgen.

 Mit Schlag: Eine Sahnehaube auf dem Eiskaffee ist in Österreich und Deutschland durchaus üblich.

Mit Schlag: Eine Sahnehaube auf dem Eiskaffee ist in Österreich und Deutschland durchaus üblich.

Foto: thepiwko - stock.adobe.com/Stock Adobe

Kalten Kaffee gibt es in den verschiedensten internationalen Variationen. Außerdem gilt er auch noch als kosmetisches Hausmittelchen. Die im Kaffee enthaltenen Antioxidantien sollen zudem auch schön machen. Ob das stimmt? Das darf für den Genussmenschen erst einmal dahingestellt sein.

Etwas Anderes ist dagegen offensichtlich: Wenn es draußen heiß wird, sind Eiswürfel gefragt, so Stefan Richter, Mitinhaber der Berliner Kaffeerösterei in einer Seitenstraße des Kurfüstendamms. Sie kühlen auch Cappuccino und Latte Macciato auf angenehme zehn Grad Trinktemperatur herunter. Doch die bekannteste Variante kalten Kaffees ist der Eiskaffee. Es gibt ihn auch in anderen Ländern, überall mit eigenem Twist – und am spektakulärsten wohl in der Schweiz.

Auch Deutschland ist eine Kaffeenation. Laut Holger Preibisch, dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands, verweist die Kaffee mit rund 164 Litern pro Jahr und pro Kopf Mineralwasser und Bier auf die Plätze. Auch wenn der Eiskaffee hierzulande mit einem etwas altbackenen Image behaftet sein mag, in jedem Eiscafé steht er auf der Karte und ist bei weitem nicht bei der älteren Kundschaft beliebt. Denn Eiskaffee ist im Grunde der perfekte Alles-in-einem-Glas-Mix – sozusagen eine Tasse Kaffee samt Dessert.

Das im aufgebrühten, erkalteten Kaffee schwimmende und langsam schmelzende Vanilleeis und die Sahne können, je nach Aggregatzustand und allen Knigge-Regeln zum Trotz, geschlürft oder mit einem Löffel gegessen werden. Obligatorisch beim traditionellen Eiskaffee ist natürlich auch eine Waffel. Nicht selten wird die Sahne auch noch von Schokostreuseln bekrönt. Im Schwarzwald bekommt der kalte Kaffee noch „Umdrehungen“. Ihm wird Kirschwasser beigegeben.

Verschiedene Länder, verschiedene Sommerkaffees. Schon Mitte der 1990er Jahre hat sich der US-Filialist Starbucks den Frappucino patentieren lassen. Halb griechischer Frappé, halb Cappucino auf Eis kommt er mit verschiedenen Sirups oder Schokolade daher. Dem Eiskaffee voraus hat er seine dicke Cremigkeit. Die aber ist kein Geheimnis. Kalter Kaffee aus der eigenen Küche wird mit einem Löffel des natürlichen Dickungsmittels Pektin, wie es auch zum Einmachen benutzt wird, löffeldick.

In Griechenland gibt es für die Cremigkeit des Frappés ein Rührgerät. Ein Stab mit einer kleinen Scheibe lässt löslichen Kaffee mit Wasser und je nach Gusto auch Zucker, zu einer dicken Masse werden. Die andere Variante des griechischen kalten Kaffees: Nicht gerührt, sondern geschüttelt. Auch dabei entsteht Schaum, der jedoch bei weitem nicht so dick und standfest ist.

Der Frappé, der 1957 in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki erfunden wurde, wird mit oder ohne einen Schuss Milch getrunken. Es gibt ihn auch in der Kombination mit Eiskrem. Der Standard-Frappé jedoch braucht nur zwei Zutaten: Löslichen Kaffee und Wasser. Mit Zutat Nummer drei, Zucker, schäumt er besser und so gibt es in jedem Supermarkt und an jeder Tankstelle Frappé to go und als Do-it-yourself-Ausgabe: Einen Pappbecher mit Deckel sowie je einem Tütchen Instantkaffeepulver und Zucker. Kaltes Wasser (in Flaschen) ist ebenso immer erhältlich. Zusammengesetzt und geschüttelt gehört er einfach dazu, beim Autofahren ebenso wie in der Kneipe. In normalen Zeiten sitzt die griechische Jugend nachmittags und abends in Cafés und zelebriert dieses inoffizielle Nationalgetränk.

„Gemixt, nicht gebrüht“, beschreibt Holger Preibisch die Zubereitung des australischen Blended Mochas. „Einfach einen Teelöffel Instant-Kaffee zusammen mit vier Kugeln Schokoladeneis, einer Drittel Tasse Vollmilch und einigen Eiswürfeln in den Mixer geben. Alles gut vermischen, anschließend in einem Glas anrichten, nach Wunsch Schokoladensirup hinzugeben und genießen“, führt er aus. In Italien gibt es den Caffè freddo, eine Begegnung aus Espresso, der mit gekühltem Wasser verlängert oder auf Eiswürfeln serviert wird, wahlweise mit oder ohne Zuckersirup sowie den Affogato al caffè.

Letzteres heißt so viel wie „Vanilleeis, das im Kaffee ertrinkt“. Dabei handelt es sich, so der Experte des Deutschen Kaffeeverbands, um einen beliebten Dessertklassiker. Für den wird eine Kugel Vanilleeis in einer Tasse oder in einem Glas mit frisch zubereitetem Espresso übergossen, und dann gelöffelt. Ein ganz kalter Genuss ist es durch den heißen Espresso erst einmal nicht, jedoch sorgt das Eis für einen Temperatursturz.

Ähnlich der spanische Café con hielo, bei dem ein frisch zubereiteter und gesüßter Espresso in ein Glas mit Eiswürfeln gegeben und anschließend umgerührt wird.

In Vietnam heißt das schnelle Kaltgetränk aus der schwarzen Bohne cà phê đá. Dunkel gerösteter Kaffee wird aufgebrüht und gefiltert in ein Glas mit Eiswürfel gegeben. Es gibt eine Variante, bei der der Kaffee erst auf gesüßte Kondensmilch und dann aufs Eis gegeben wird.

In der Suvretta Stube im Fünf-Sterne-Hotel Suvretta House in St. Moritz scheint es bei der Bestellung eines Eiskaffees eine Verwechslung gegeben zu haben. Auch wenn der Gourmetreisende weiß, dass der sommerliche kalte Kaffee im Nachbarland Dessert-Charakter haben kann, so verwundert der Anblick der Schweizer Variante. In einem Pastellgelb, schaut er wie eine Zabaione aus und löffelt sich auch so.

Der übliche Eiskaffee bei den Eidgenossen ähnelt dem deutschen, wenn auch ohne Sahne. „Wir bereiten ihn jedoch mit mehr Vanilleeis zu, drei Kugeln für eine Portion, sowie mit Sahne und Kirschwasser. Seine Konsistenz entsteht durch das Anpürieren im Blender“, verrät Suvretta-Stuben-Küchenchef Isaac Briceño sein Geheimnis. Dieser Kaffee steht dort das ganze Jahr über auf der Karte steht.

Eiskaffee hat Briceño erst in der Schweiz kennengelernt. Der 37-Jährige kommt ursprünglich aus Costa Rica, einem der spannendsten Kaffeeländer der Welt. Doch so trinke man den Kaffee in seiner Heimat nicht, erzählt er. „Während die Direktoren des Hotels, das Ehepaar Peter und Esther Egli, die Cremigkeit schätzen, mag ich Eiskaffee, der weniger cremig ist. Das Kirschwasser ist eine gute Idee, mir würde jedoch ein Tropfen reichen“, so der Koch, der in Sachen kalter Kaffee ein Purist ist. Kaffee mit Milch, fertig wäre für ihn das erfrischend-belebende Sommergetränk.

In Österreich ist der Wiener Eiskaffee ein Klassiker. Laut dem Lebensmittellexikon besteht die Kaffeespezialität, die schon 1790 von dem Kaffeesieder Milani zubereitet wurde, dort aus Kaffee, Vanilleeis und meist mit geschlagener Sahne obendrauf als Dekoration.

Dies ähnelt der deutschen Zubereitungsart. Doch es sind auch individuelle Spielereien bei der Rezeptur zugelassen. Zum Beispiel eine Variante, die wiederum dem Eiskaffee aus der Suvretta Stube ähnelt. Dort entsteht der satte Gelbton durch Eierlikör, er wird jedoch nicht gemixt, sondern eingerührt.

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