"Nicht zu kalkulieren"

Aufträge aus dem Internet-Portal

"Nicht zu kalkulieren"
Foto: Lannert

Wenn Alois Blum an das denkt, was er erst kürzlich wieder im Internet entdeckt hat, kann er nur den Kopf schütteln. "Das ist im Grunde eine Einladung zur Schwarzarbeit oder anderen unerlaubten Dingen", sagt der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg.

Bei der Internetseite, die vor ihm am Bildschirm flimmerte, handelte es sich um ein Online-Portal für Handwerksaufträge. Dort kann jeder Kunde einen Auftrag und einen Preis angeben, den er bereit ist zu zahlen. Dann beginnt die Auktion, wobei die Handwerker Preise angeben, für die sie bereit sind, den Auftrag zu erledigen. Zum Schluss kann sich der Auftraggeber entscheiden, welcher Handwerker den Zuschlag bekommt.

"Bei solchen Versteigerungen setzt eine dramatische Preisspirale nach unten ein", sagt Hauptgeschäftsführer Blum. Er hat in Einzelfällen beobachtet, dass ein Großteil der sehr günstigen Anbieter nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind. So würden Beiträge gespart und eine Qualifikation sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Außerdem würden Handwerker aus anderen Ländern sehr niedrige Preise anbieten. Wie trotz der weiten Anreise solch günstige Angebote zustande kommen könnten, sei ihm schleierhaft.

Auch Heiner Schaarschmidt von der Rechtsabteilung der Handwerkskammer zu Köln kritisiert die Online-Portale. "Solche Internetseiten öffnen der unberechtigten Handwerksausübung Tür und Tor." Die Preise der Auftraggeber seien oft nicht kalkulierbar - und erst dann setze der Unterbietungswettbewerb ein. Arbeit aus dem Internet würden Handwerker höchstens annehmen, wenn die Auftragslage schlecht sei und sie ihre Fixkosten reduzieren könnten, ist der Jurist überzeugt.

Ebenfalls vor dem Computer sitzt Nicholas Thiede. Er ist einer der beiden Vorstände von "My-Hammer.de", nach eigenen Angaben Marktführer bei Online-Portalen für Handwerksaufträge. 550 000 Nutzer sind bei dem Internet-Unternehmen registriert, davon 140 000 Handwerksbetriebe. Für das Jahr 2007 hat das börsennotierte Portal ein Auftragsvolumen von 110 Millionen Euro erzielt, so die Angaben des Unternehmens.

Thiede kann den Ärger nur begrenzt verstehen. "Seit unserer Gründung führen wir Gespräche mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks und stimmen uns ab." Bei berechtigten Beschwerden reagiere My-Hammer schnellstmöglich und schließe den jeweiligen Handwerksbetrieb von allen weiteren Auktionen aus. Auch das jeweilige Gebot werde zurückgenommen. "Uns ist sehr wichtig, dass auf unserer Seite alles mit rechten Dingen abläuft", so Thiede.

Er betont, dass der Preis für die Auftraggeber nicht das einzige Entscheidungskriterium seien müsse. Ähnlich wie bei anderen Auktionshäusern im Internet werde die Arbeit der Handwerker bewertet. Ein Auftraggeber könne sich also auch für einen Betrieb entscheiden, der zwar nicht das günstigste Angebot mache, aber sehr gute Beurteilungen vorweise.

Jurist Schaarschmidt kann daran nicht glauben. "Aber wir müssen damit umgehen. Denn ob wir es wollen oder nicht: Das Medium Internet kriegen wir nicht mehr weg."

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