Forschung in Bonn Uni entdeckt: Viagra lässt das Hüftgold schmelzen

BONN · Viagra hilft bei Erektionsproblemen - das weiß man heute wohl in jeder Ecke der Welt. Dass Sildenafil, der Wirkstoff in dem Medikament, auch hilft, unerwünschtes Hüftgold schmelzen zu lassen, das ist eine neue wissenschaftliche Erkenntnis Bonner Forscher.

Zumindest hat ein Team um Professor Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn, Mäuse mit Viagra behandelt und die erstaunliche Entdeckung gemacht. Die Ergebnisse werden nun in "The Journal of the Federation of American Societies for Experimental Biology" (FASEB) vorgestellt.

Viagra gehört zu den sogenannten PDE-5-Hemmern, die die Konzentration eines bestimmten Botenstoffs mit dem langen Namen "cyclisches Guanosinmonophosphat" (cGMP) im Körper erhöht. Denn letztlich ist eine Erektion nichts anderes als die Folge einer Reihe von chemischen Prozessen: Der Viagra-Wirkstoff hilft, die Ausschüttung von cGMP zu erhöhen. Dies führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße.

Dadurch kann das Blut ungehindert in den Schwellkörper fließen. Die Folge: eine Erektion. Der Wirkstoff findet seine Anwendung auch bei Medikamenten für einige Lungenerkrankungen. Das Interessante für die Wissenschaftler ist, dass die Funktionen des Botenstoffs cGMP noch nicht gänzlich erforscht sind. "Wir hatten Hinweise, dass cGMP eine Wirkung auf Fettzellen hat", so Pfeifer. "Deshalb war das Sildenafil für uns ein potenziell interessanter Kandidat."

Pfeifer betreibt seit Längerem Grundlagenforschung, um die Regelkreisläufe bei der Fettverbrennung zu verstehen. Im vergangenen August erst erregte der 47-Jährige Aufsehen, weil seine Forschungsgruppe Signalwege entschlüsselte, die die Fettverbrennung ankurbeln. Die Wissenschaft unterscheidet drei verschiedene Arten von Körperfett: Das weiße ist die Vorratskammer, die braunen Fettzellen sind die Zentralheizung: Sie sorgen dafür, dass der Körper nicht auskühlt, kommen im Körper aber hauptsächlich bei Säuglingen vor. Die "beigen Fettzellen" sind die Hoffnungsträger der Forscher.

"Sie setzen genauso wie die braunen Fettzellen Nahrungsenergie effizient in Wärme um und können sich aus den unerwünschten weißen Fettzellen herausbilden", erläutert Pfeifer. Und genau das ist der Effekt, den Pfeifer jetzt im Tierversuch nachwies: Sildenafil verwandelte in den Tieren verstärkt die weißen Fettzellen, das "Hüftgold", in beige Fettzellen.

"Beige Fettzellen können die Nahrungsenergie verbrennen und sie in Wärme umsetzen." Weil die beigen Zellen Fett abschmelzen und damit Adipositas bekämpfen können, sind sie die Hoffnungsträger der Forscher. Denn die Vorratskammer ist bei vielen dermaßen überfüllt, dass die Türen aus den Angeln knallen. "Fettleibigkeit ist heute eine Pandemie", so der Professor. "Eine halbe Milliarde Menschen leidet weltweit darunter, und wir wissen, dass Fettleibigkeit zu einer Reihe von Krankheiten führt, vermutlich gibt es sogar eine Krebsform, die von Adipositas begünstigt wird."

Indes warnt der Wissenschaftler vor einem Trugschluss, nur Viagra zum Abnehmen schlucken zu müssen. "Nicht jeder kann Viagra nehmen, weil es zu einem rapiden Abfall des Blutdrucks führen kann", so Pfeifer. Außerdem müssten sich nun die Pharmafirmen sich der Sache weiter annehmen, um entsprechende Studien an Menschen durchzuführen.

Bis möglicherweise geeignete Medikamente für den Menschen gefunden werden, sei es noch ein weiter Weg. "Wir machen Grundlagenforschung." Pfeifer ist damit noch nicht am Ende seiner Forschungen. Es gebe immer noch Rätsel, etwa, warum manche Menschen eher zunehmen als andere.

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