Wissenschaftspreis für Bonner Professoren Leibniz-Preise für Peter Scholze und Frank Bradke

BONN · Mit dem Leibnitz-Preis werden deutsche Spitzenforscher ausgezeichnet. Sieben Männer und drei Frauen erhalten eine Förderung von jeweils 2,5 Millionen Euro. 2016 erhalten ihn unter anderem zwei in Bonn tätige Professoren.

Oft heißt es, in der Bundesstadt bewege sich zu wenig. Dass das zumindest für die Forschung am Rhein nicht gilt - dafür gab es gestern einen Doppelbeweis, als die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die neuen Träger des Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preises bekannt gab, des wichtigsten deutschen Forschungspreises, der als "deutscher Nobelpreis" gilt.

Gleich zwei der zehn Ausgezeichneten für das Jahr 2016 wirken in Bonn: der Molekularbiologe Professor Frank Bradke (46) und der Mathematiker Professor Peter Scholze (28). Beide erhalten jetzt jeweils 2,5 Millionen Euro für bis zu sieben Jahre. Das Geld soll laut DFG dazu dienen, ihre "Arbeitsbedingungen zu verbessern, ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern und sie von administrativem Arbeitsaufwand zu entlasten".

"Ich bin überwältigt und freue mich riesig", sagt Frank Bradke: Er forscht am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) auf dem Venusberg und ist zugleich Professor für Neurowissenschaften an der Universität Bonn. Sein Spezialgebiet ist die Frage, wie sich Nervenzellen im Körper wieder regenerieren können, wenn sie durch Unfälle oder Krankheiten beschädigt oder zerstört wurden.

In Gliedmaßen, Rumpf und Nase schafft die Natur das einigermaßen, im Hirn und Rückenmark aber nicht - ein Grund dafür, dass vor allem bei Querschnittslähmungen bislang kaum Heilung möglich ist. Bradke und sein Team fanden heraus, dass eine Ursache dieser "Blockade" gewisse Substanzen sind, die bei der Vernarbung von Verletzungen entstehen. Manche Krebsmedikamente können diese Vernarbung bremsen und somit zugleich die Wiederherstellung der Nervenzellen fördern.

"Bis zur Anwendung am Patienten ist es sicher noch ein weiter Weg", räumt der Experte ein. "Inzwischen verstehen wir aber immer besser, was der Regeneration von Nervenzellen entgegensteht. Der Leibniz-Preis ist eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Grundlagenforschung ganz anderer Art betreibt der zweite neue Bonner Preisträger. Peter Scholze vom "Hausdorff Center for Mathematics" der Universität ist der jüngste Leibniz-Preisträger in der Geschichte der Auszeichnung, die seit 1985 vergeben wird. Schon als Schüler gewann der gebürtige Dresdner drei Goldmedaillen bei Mathematik-Olympiaden; mit 24 wurde er der jüngste W3-Professor Deutschlands. Die Würdigung ist für ihn ein Geburtstagsgeschenk: Er wird heute 28 Jahre alt.

Scholze untersucht die "Langlands-Vermutungen", eine Hypothese des kanadischen Mathematikers Robert P. Langlands, die darauf hinausläuft, dass sich verschiedene Teilgebiete der Mathematik "ineinander übersetzen" lassen. Scholze hat Teile dieser Vermutungen mit geometrischen Methoden bewiesen; außerdem gelang es ihm, eine Aussage des Bonner Mathematikers Gerd Faltings zu verallgemeinern und neue Interpretationen von Entdeckungen seines Doktorvaters Professor Michael Rapoport zu liefern.

"Ich freue mich sehr über die Auszeichnung", erklärte er, "und danke meinem akademischen Lehrer Professor Rapoport für seine jahrelange Unterstützung. Ich bin auch meinen Kollegen für die gute Zusammenarbeit dankbar und natürlich meiner Frau."

Bradke erhalte "die verdiente Würdigung seiner exzellenten Arbeit", sagt Professor Pierluigi Nicotera, Vorstandsvorsitzender des DZNE. Auch Uni-Rektor Professor Michael Hoch gratuliert den beiden Spitzenvertretern der Alma mater: "Wir freuen uns mit ihnen über diese große Anerkennung ihrer exzellenten Leistungen." Die feierliche Preisverleihung erfolgt am 1. März 2016 in Berlin.

Die Preisträger 2016

  • Frank Bradke: Neuroregeneration, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Bonn
  • Emmanuelle Charpentier, Infektionsbiologie, Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
  • Daniel Cremers, Computer Vision, Lehrstuhl für Informatik IX: Bildverstehen und wissensbasierte Systeme, Technische Universität München
  • Daniel James Frost, Mineralogie/Experimentelle Petrologie, Universität Bayreuth
  • Dag Nikolaus Hasse, Philosophie, Institut für Philosophie, Universität Würzburg
  • Benjamin List, Organische Molekülchemie, Abteilung Homogene Katalyse, Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim/Ruhr
  • Christoph Möllers, Rechtswissenschaften, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Humboldt-Universität zu Berlin
  • Marina V. Rodnina, Biochemie, Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Karl-Friedrich-Bonhoeffer-Institut), Göttingen
  • Bénédicte Savoy, Kunstgeschichte der Moderne, Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik, Technische Universität Berlin
  • Peter Scholze, Arithmetische und algebraische Geometrie, Mathematisches Institut, Universität Bonn
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