Bonner GmbH begleitet Wissenschaftler Vom Forscher zum Unternehmer

BONN · Was nutzt Spitzenforschung, wenn sie nicht dem Menschen dient? Dass Akteure in Wissenschaft und Wirtschaft enger zusammen rücken müssen, um Spitzenergebnisse der Forschung in marktfähige Produkte zu überführen, ist eine immer wiederkehrende Forderung aus Politik und Wirtschaft. Die Bonner Life Science Inkubator GmbH (LSI) hat sich genau dieses zur Aufgabe gemacht.

 Die Pioniergruppe des LSI: Dieses Team um Heiko Manninga und Victoriya Demina, hier im Zellkultur-Labor, befindet sich derzeit in der Ausgründung.

Die Pioniergruppe des LSI: Dieses Team um Heiko Manninga und Victoriya Demina, hier im Zellkultur-Labor, befindet sich derzeit in der Ausgründung.

Foto: LSI

Sie unterstützt innovative Forschungsprojekte aus den Bereichen Biotechnologie, Pharma und Medizintechnik, die in den Labors von Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten entwickelt werden, um diese bis zur Marktreife zu führen. Das in enger Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft entwickelte Konzept wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Land NRW gefördert. "Was wir machen, ist wohl nicht nur in Deutschland, sondern europaweit einmalig", meint LSI-Geschäftsführer Jörg Fregien.

Was den LSI von herkömmlichen Transfergesellschaften unterscheidet, ist nicht nur die Infrastruktur und das umfassende Know-How, das die Einrichtung, die am center of advanced european studies and research (caesar) angesiedelt ist, mit sich bringt. Es ist vor allem die hohe Hürde, die jedes Projekt überwinden muss, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Gerademal eines von 100 Forschungsprojekten schafft es, die LSI-Kriterien zu erfüllen.

Verschiedene Auswahlkriterien für Projekte

Welche Voraussetzungen werden verlangt? "Wir prüfen die Projekte auf ihre Unique Selling Propositions, also auf ihr Alleinstellungsmerkmal. Darüber hinaus muss es von besonderem Kunden- also Patientennutzen, und es darf nicht schnell zu imitieren sein", so Fregien.

Wenn eine herausragende Idee die interne Prüfung besteht, wird sie danach auch von externen Wissenschaftlern evaluiert. Teams, die diese mehrstufige Evaluierung bestehen, werden dann für die Dauer von maximal drei Jahren bei der LSI fest angestellt. Ihnen werden Büros und Labors im caesar zur Verfügung gestellt, die die LSI für sie anmietet. Bis zu zwei Millionen Euro stehen ihnen dann für die Weiter- und Endentwicklung ihres Projekts zur Verfügung.

"Häufiges Problem beim Technologietransfer ist ja, dass gerade diese hoch spezialisierten Wissenschaftler vor den vielen Hürden, die eine Unternehmensgründung mit sich bringt, scheitern, weil ihnen rechtliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen fehlen. Dies alles zusammen zu bringen, das ist unser Ziel", so Fregien.

Einer der schwierigsten Parts: die Patentierung des Produkts. Um sein Erzeugnis schützen zu lassen, so Fregien, braucht es nicht nur eine Strategie, sondern vor allem patentrechtliches Wissen. Am LSI gibt es diesen Sachverstand, der zusätzlich durch eine führende Düsseldorfer Kanzlei unterstützt wird.

Jüngstes Forscherteam kommt aus Bonn

Die Wissenschaftler werden aber auch bei der Personal- und Teamentwicklung unterstützt. "Der Kopf eines Forscherteams muss nicht zwangsläufig auch der CEO eines Unternehmens sein. Es ist wichtig, von Anfang an mit allen Beteiligten offen umzugehen. Während des Coachings kristallisiert sich oft sehr schnell, wer ein Händchen für betriebswirtschaftliche Dinge hat, wer das Potenzial für Mitarbeiterführung hat und wer wohl besser im Labor bleibt", so Fregien.

Fregien weiß, wovon er spricht. Der 52-jährige Kardiologe hat selbst schon medizin-technische Errungenschaften patentieren lassen, etwa eine Vorrichtung zur Vorhersage von Tachyarrhythmien, also einer Kombination von Herzrhythmusstörungen und Herzrasen.

Er hat selbst jahrelang über implantierbare Defibrillator geforscht, wechselte dann zum amerikanischen Medizintechnik-Giganten Guidant, Mitte der 90er Jahre dann zur Biotronik GmbH Deutschland, war Vorstand bei der Bauerfeind AG und übernahm 2006 die Geschäftsführung der "JF Management für Integrierte Medizin". Seit September 2007 ist er Geschäftsführer der Life Science Inkubator GmbH in Bonn.

Zurzeit werden fünf Forscherteams betreut. Das jüngste kommt aus Bonn, das an einem völlig neuen Verfahren der Schmerztherapie arbeitet. Ein weiteres Team arbeitet an neuartigen Möglichkeiten zur Behandlung oder Heilung entzündlicher Magen-Darm-Erkrankungen, schwerer Autoimmunerkrankungen und Infektionskrankheiten, ein anderes an der Behandlung der Makuladegeneration, einer Augenerkrankung. Eine Forschergruppe steht kurz vor dem Durchbruch, die Diagnostik von Prostatakarzinomen zu verbessern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort