Universitäten setzen stärker auf Patente

Ein neues Gesetz soll brachliegendes Innovationspotenzial mobilisieren - Bonner Universität arbeit mit Patent- und Verwertungsagentur zusammen

Bonn.Vor den Lorbeeren kommen auf Erfinder zunächst Kosten zu: Zwischen 1 250 und 2 000 Euro verschlingt die nationale und gar 5 000 Euro die internationale Anmeldung.

Im Verwertungsfall kommen für Lizenzverträge auch noch Anwaltskosten hinzu. Hochschullehrer sind in der Vergangenheit deshalb häufig vor Kosten und Mühen einer Patentanmeldung zurückgeschreckt, sie zogen stattdessen die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse in wissenschaftlichen Publikationen vor. Dank des Hochschullehrerprivilegs im Arbeitnehmer-Erfindungsgesetz stand dies ihnen frei. Laut Gesetz gehörten Ergebnisse der Universität dem Erfinder.

Seit Februar existiert das Hochschullehrerprivileg jedoch nicht mehr. Jede Erfindung muss nun der Hochschule gemeldet werden. Diese hat jetzt das Recht, sie zum Patent anzumelden und damit die wirtschaftliche Verwertung zu forcieren. So soll bislang brachliegendes Innovationspotenzial an den Hochschulen mobilisiert werden.

An der Universität Bonn hat Rüdiger Mull, der beim Dezernat für Transfer und Öffentlichkeitsarbeit für das Patentwesen zuständig ist, die neue Regelung Anfang April bekannt gemacht und in den ersten sechs Wochen gleich sechs Erfindungsmeldungen von Professoren erhalten. Mull: "Das ist Rekord. Sonst hatten wir höchstens 20 im ganzen Jahr."

Die Universität Bonn nutzt die neue Chance aktiv: Sie ist eine von insgesamt 25 Hochschulen, die mit der jüngst vom NRW-Wissenschaftsministerium gegründeten Patent- und Verwertungsagentur PROvendis GmbH zusammenarbeitet. Die Agentur soll nun für erfolgversprechende Hochschulerfindungen Patentschutz-Verfahren abwickeln und sie einer möglichst erfolgreichen Verwertung zuführen.

Zur Zeit wartet Mull gespannt mit den sechs Bonner Erfindern, ob PROvendis ihre Forschungsergebnisse positiv begutachtet und die Universität der Verwertung zustimmt. Wegen der hohen Kosten für Patentierung und Verwertungsaktivitäten müssen Patentfähigkeit, technische Realisierbarkeit und Marktpotenzial stimmen. PROvendis erhält eine Anschubfinanzierung von 3,5 Millionen Euro durch den Bund und das Land NRW.

Erwartet wird, dass sich das neue Patent- und Verwertungskonzept nach acht bis zehn Jahren selbst trägt - aus den Lizenzeinnahmen. Profitieren können dann alle drei: der Erfinder, seine Hochschule und die PROvendis GmbH, die jeweils ein Drittel der erwirtschafteten Bruttoerlöse erhalten.

Für die Hochschullehrer bringt der Verlust ihres Privilegs also Vorteile: Da die PROvendis-Dienstleistungen für sie kostenlos sind, erhalten sie bei erfolgreicher Vermarktung ihrer Ergebnisse weit mehr als Erfinder in der Privatwirtschaft. Die Hochschulen haben durch ihre Beteiligung am Erlös nun ebenfalls einen Anreiz, sich über die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen Gedanken zu machen. Und die Politik erhofft mehr Patentanmeldungen aus der Hochschulforschung - sie machten bislang nur rund fünf Prozent aus.

Erfindungen, die von der PROvendis GmbH nicht gefördert werden, kann die Universität frei geben. Mull bedauert allerdings, dass die Landesregierung das vor vier Jahren aufgelegte Programm SAFE (Schutzrechtsanmeldung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen) nun beendet hat. Es übernahm den Löwenanteil der Patentgebühren und verpflichtete den Hochschullehrer, 25 Prozent der aus dem Schutzrecht erzielten Erlöse der Universität abzutreten.

An der Universität Bonn führte SAFE zu einer Reihe von Patentanmeldungen - vom biologischen Pflanzenschutzmittel bis zum erdbebensicheren Bett. Eine Liste findet sich im Internet unter www.uni-bonn.de/Forschung/Erfindungen_und_Schutzrechte.

Mit der Gesetzesänderung ist beabsichtigt, dass sich die Reputation eines Forschers nicht mehr nur nach seinen Veröffentlichungen bemisst, sondern auch nach der Zahl der Patente. Dies soll auch ein Indikator für die leistungsgerechte Besoldung werden. Der Universität geht es freilich nicht allein um die Menge der Patente, sondern vorrangig um deren Qualität. Mull: "Es wird darüber nachgedacht, ob wir bei den Patenten Schwerpunkte in unseren Exzellenzbereichen setzen."

Informationen über Patentfragen an den Hochschulen unterwww.provendis.info

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