Steine halfen Dinosauriern nicht beim Verdauen

Wie die Giganten der Urzeit ihr Futter ohne Mahlzähne verwerteten, bleibt unklar - Bonner Wissenschaftler bestätigen: Keine Magenmühle

Bonn. (sj) Die Riesendinosaurier hatten schmale und spitze Zähne, die eher zum Abreißen als zum Zerkauen von Pflanzen geeignet waren. Doch wie zermalmten sie dann ihr Futter? Bislang vermuteten viele Forscher, dass ihnen Steine dabei halfen, die sie herunterschluckten. In ihrem muskulösen Magen könnten diese dann wie eine Art "Magenmühle" wirken.

Doch diese Annahme scheint nicht zu stimmen, wie Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Tübingen nun nachgewiesen haben. Die Riesendinosaurier aus der Jura- und Kreidezeit (200 bis 65 Millionen Jahre vor heute) wogen teilweise mehr als 30 Tonnen und waren die größten Pflanzenfresser, die es je gegeben hat.

Für ihr schnelles Wachstum und den Stoffwechsel ihrer gigantischen Körper mussten sie enorme Futtermengen verdauen. Glatt geschliffene Steine, die in mehreren Fällen bei Ausgrabungen im Zusammenhang mit Skeletten von Sauropoden gefunden worden sind, werden als Magensteine gedeutet.

Oliver Wings vom Institut für Geowissenschaften der Universität Tübingen und Martin Sander von der Universität Bonn haben jedoch nachgewiesen, dass es sich zumindest nicht um eine Magenmühle handeln kann, wie sie heutige Verwandte der Dinosaurier besitzen: die Vögel. Unter ihnen ist der Strauß der größte Pflanzenfresser.

Sein Muskelmagen ist mit einer Hornschicht ausgekleidet und enthält Steine, die beim Zerkleinern, Zerreiben und dadurch auch beim Verdauen der Nahrung helfen. Für ihre Untersuchungen haben die Forscher daher Straußen auf einer deutschen Zuchtfarm Steine wie Kalkstein, Rosenquarz und Granit zum Fressen angeboten.

Nachdem die Vögel geschlachtet waren, untersuchten die Wissenschaftler die Magensteine. Es zeigte sich, dass sie im Muskelmagen schnell abgenutzt wurden und keine Politur erhielten. Im Gegenteil wurde die Oberfläche der Steine, die teilweise glatt gewesen war, während der Experimente im Magen rau. Die Masse der Steine entsprach dann durchschnittlich einem Prozent der Körpermasse.

"Zwar wurden gelegentlich Steine zusammen mit Sauropodenskeletten gefunden", kommentiert Sander. Doch sie ähnelten nicht denjenigen aus den Magenmühlen der Strauße. Außerdem sind Magensteine bei Sauropodenfunden nicht regelmäßig dabei. Wenn vorhanden, ist ihre Masse im Verhältnis zur Körpergröße viel geringer als bei Vögeln.

Doch wozu waren die Magensteine der Dinosaurier sonst gut? Die Forscher vermuten, dass sie versehentlich mit gefressen oder zur Verbesserung der Mineralstoffaufnahme absichtlich verschluckt worden sein könnten. Möglicherweise, so folgern die Wissenschaftler, war der Sauropodendarm so gebaut, dass die Nahrung sehr lange dort zurückgehalten wurde, um die Verdauung zu verbessern.

Es gibt jedoch eine andere Gruppe Dinosaurier, deren Magensteinüberreste sich Oliver Wings' Untersuchungen zufolge gut mit einer vogelähnlichen Magenmühle in Übereinstimmung bringen lassen. Aus diesen so genannten Theropoden haben sich die heutigen Vögel entwickelt.

Die Forschungsergebnisse sind in den aktuellen "Proceedings of the Royal Society" (doi:10.1098/rspb. 2006.3763) veröffentlicht.

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