Stärken und Schwächen der Universität

Die Bonner Uni legt ihren Plan zur "Profilschärfung" vor - Stellenabbau trifft die Slawistik, Agrarwissenschaft, Geodäsie und Mineralogie - Die Pädagogik fällt ganz weg

  Über sich selbst nachgedacht  hat die Universität Bonn im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.

Über sich selbst nachgedacht hat die Universität Bonn im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.

Foto: Friese

Bonn. Die Stärken stärken und dafür weniger Erfolgreiches zurückfahren. So lässt sich umschreiben, was das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium mit dem "Hochschulkonzept 2010" erreichen will. Mit dem Reformpaket möchte Ministerin Hannelore Kraft die Hochschulplanung stärker nach marktwirtschaftlichen Kriterien ausrichten - sprich nach Auslastung von Studiengängen und dem Bedarf des Arbeitsmarktes.

40 Lehr- und Forschungsbereiche werden derzeit landesweit durchleuchtet: Die Hochschulen mussten untersuchen, worin ihre Stärken liegen und worauf sie zur Not verzichten könnten - auch die Bonner Alma mater. Chefin der Arbeitsgruppe war hier Professor Christa E. Müller, Prorektorin für Planung und Finanzen. Ihre Stärken-Schwächen-Analyse der Universität Bonn liegt jetzt vor. Sie ist Grundlage für die neuen Zielvereinbarungen, die noch für 2005 und 2006 zwischen Ministerium und Uni geschlossen werden müssen.

Quintessenz der 121 Seiten: 40 Stellen werden zwischen den Fachbereichen verschoben - vor allem zu Gunsten der drei neuen Forschungszentren in den "Lebenswissenschaften". "Verschlankt" wird zunächst die stark unterausgelastete Slawistik: "Der klassische Lehr- und Forschungsbereich wird nicht weiter bestehen", sagt Müller. "Es sollen aber die Sprachkurse und die wichtige Vermittlung der Osteuropakompetenz in neue Studiengänge einfließen."

Auch die Agrarwissenschaft, die Geodäsie und die Mineralogie sollen Stellen abgeben. Ganz wegfallen soll die Erziehungswissenschaft, die mit dem Ende der Lehrerausbildung und des Magisterstudiengangs in Bonn nach 2008 ihre Existenzgrundlage verliert.

Die großen Gewinner sind die Lebenswissenschaften in den drei interdisziplinären Zentren LIMES (Life and Medical Sciences), CEMBIO (Centrum für Molekulare Biotechnologie) und "Bonner Forum Biomedizin". Das LIMES-Zentrum widmet sich den "Schlüsselgenen", die über Artengrenzen hinweg die Bildung der Gewebe und Organe des Körpers steuern. Dort wurde auch der moderne Diplomstudiengang "Molekulare Biomedizin" ins Leben gerufen, auf dessen 30 Plätze sich zum Studienstart im vergangenen Wintersemester 800 Interessenten bewarben.

Interaktionen zwischen unterschiedlichen Instituten zu fördern, die an verwandten biotechnologischen Fragestellungen forschen, ist Ziel des CEMBIO, wo 15 Arbeitsgruppen aus drei Fakultäten zusammenwirken. Ihr zweisemestriger Master-Studiengang "Molekulare Biotechnologie" soll zum Wintersemester starten.

Das Bonner Forum Biomedizin schlägt bereits seit sieben Jahren eine Brücke zwischen Naturwissenschaftlern und Medizinern, um gemeinsam Ursachen von Erkrankungen zu analysieren und moderne Therapien zu entwickeln. Als wichtige Ergänzung zu den Biowissenschaften soll auch das 1999 eingerichtete Deutsche Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE) gestärkt werden.

Weitere Gewinner sind die Verbundprojekte in den Geowissenschaften, die Kooperation der Landwirtschaftlichen Fakultät mit der niederländischen Universität Wageningen, das Asienzentrum und die Makroökonomie. Außerdem will das Rektorat ein Stellenkontingent für neue Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen reservieren.

Biologie, Chemie, Physik/Astronomie und Informatik werden interne Umschichtungen vornehmen, so dass etwa Sonderforschungsbereiche gestärkt werden. In den Geowissenschaften ist ein neuer Studiengang "Geoinformationssysteme" in Planung, die Astrophysik will "Cosmophysics" als modernes Lehrangebot entwickeln.

Für den Plan unberücksichtigt blieben lediglich die Medizinische Fakultät, deren Zielvereinbarung noch bis 2006 läuft, und die beiden Theologischen Fakultäten, weil dort besondere kirchenrechtliche Rahmenbedingungen gelten.

Für alle anderen Fachbereiche hatte das Ministerium die Uni mit Zahlen über die im jeweiligen Fach eingeworbenen Forschungsgelder und die Zahl der Absolventen pro Wissenschaftlerstelle konfrontiert: Beides sollte Anhaltspunkte bilden, wo vielleicht gekürzt werden könne. Die Bonner Arbeitsgruppe erhob dann noch zusätzlich Angaben zu Profil, Forschung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Lehre und Internationalität.

Müller lobt die "guten Informationen", die die Lehr- und Forschungsbereiche abgeliefert haben. "Manche haben da ganz schnell reagiert und neue Ideen entwickelt", berichtet die Prorektorin. Sie ist stolz darauf, dass der Entscheidungsprozess "sehr demokratisch gehandhabt wurde und transparent war". Ihr Fazit: "Es war ein wahnsinniger Aufwand. Aber wir kennen jetzt die Universität sehr viel besser und haben viele positive Details erfahren."

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