Schatzkisten schlummerten auf dem Dachboden

Studenten präsentieren im Rheinischen Landesmuseum Exponate aus der Altamerika-Sammlung - Die Kultur der südamerikanischen Tieflandindianer lässt auch Rückschlüsse auf die Steinzeit zu

Schatzkisten schlummerten auf dem Dachboden
Foto: Fischer

Bonn. Was hat ein südamerikanisches Blasrohr mit 1,8 Millionen Jahre alten Knochen aus der Steinzeit zu tun? Ziemlich viel, sagen Altamerikanistik-Studenten und Vertreter des Rheinischen Landesmuseums. Deswegen gesellen sich jetzt zur hochkarätigen Ausstellung "Roots - Wurzeln der Menschheit" einige Schätze aus der Bonner Altamerika-Sammlung.

Die indianischen Kulturgüter sind jetzt im Landesmuseum zu sehen, kürzlich fand die Eröffnung der kleinen Zusatzausstellung statt.

In sechs Schaukästen sind unter anderem ein ritueller Tanzmantel, kunstvoll verzierte Jagdwaffen und Alltagsgegenstände wie Kochsteine und hölzerne Spielsachen ausgestellt; ergänzt werden die Fundstücke durch Informationstafeln und Fotografien.

Den Zusammenhang zwischen Indio-Kultur und Steinzeit erklärt der Ethnologe Albert Meyers: "Noch vor einem halben Jahrhundert gab es Stämme, die kaum von der europäischen Kultur beeinflusst waren und fernab des technologischen Fortschritts lebten. Ihr Leben hatte einen steinzeitlichen Charakter", sagt der Wissenschaftler, der am Institut für Altamerikanistik und Ethnologie lehrt.

Dadurch zeichnet die farbenfrohen Kulturgüter etwas aus, was vielleicht mancher zwischen bloßen Knochen und Steinen der Roots-Ausstellung vermisst: Sie regen dazu an, den Lebensalltag der Steinzeitmenschen nachzuempfinden - schließlich haben auch die frühen Kulturen Jagdwaffen und Kleidungsstücke besessen, nur sind diese nicht erhalten geblieben. Ethnographische Parallele nennen Forscher solch ein Verfahren. "Dies heißt jedoch nicht, dass wir beweisen wollen, wie das Leben in der Steinzeit ausgesehen hat, sondern nur, wie es ausgesehen haben könnte", betont der Ethnologe.

Die Idee einer Kooperation zwischen Museum und Altamerikanisten entstand durch ein praxisorientiertes Seminar von Meyers und der Museumspädagogin Heidrun Gansohr-Meinel vom Landesmuseum. Sie besprachen mit Studenten, wie man eine professionelle Ausstellung plant und umsetzt. Ihr Wissen setzten die motivierten Nachwuchsforscher dann mit Hilfe der zwei wissenschaftlichen Mitarbeiter Anne Krieger und René Dehnhardt in die Tat um.

Eine besondere Rolle spielt dabei die Altamerika-Sammlung des Institutes: Alle ausgestellten Fundstücke stammen aus der Sammlung, die seit rund zehn Jahren fernab der Öffentlichkeit auf dem Dachboden des Uni-Hauptgebäudes schlummert. Mehr als 5 000 Objekte sind dort in Vitrinen untergebracht. Bis Ende des Jahres sollen die Kulturgüter in ein modernes Bürogebäude verlegt werden.

Von den wenigen Dachbodenfunden, die nun im Landesmuseum zu sehen sind, zeigte sich auch der stellvertretende Museumsdirektor Lothar Altringer sichtlich begeistert.

Ein nicht unerheblicher Teil der Sammlung stammt von Manfred Rauschert, einem begeisterten Sammler aus Bonn, der in diesem Jahr verstorben ist. Er lebte mehrere Jahre mit seiner Familie im südamerikanischen Tiefland.

Die Ausstellungsstücke sind mittlerweile auch in Südamerika nur noch schwer zu finden, berichten die Ethnologen. Die Moderne hat längst das Tiefland erschlossen, Plastiktüten ersetzen von Hand genähte Taschen und gejagt wird mit Gewehren und nicht mehr mit kunstvoll verzierten Blasrohren.

Mit der Ausstellung im Landesmuseum ist der Tatendrang der engagierten Studenten noch längst nicht gestillt. Für den nächsten Monat haben sie bereits eine weitere Ausstellung im Ägyptischen Museum organisiert, in der die Jenseitsvorstellungen in Altamerika und Ägypten thematisiert werden. Auf dem Dachboden schlummern schließlich noch viele Schätze.

Die Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum läuft bis Sonntag, 19. November, Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, mittwochs 10 bis 21 Uhr. Eintritt 3,50 Euro.

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