Roboter saugen Staub, Rechner erkennen Bienen

Computerspezialisten der Uni Bonn präsentieren praktisch anwendbare Forschungen

Roboter saugen Staub, Rechner erkennen Bienen
Foto: Volker Lannert

Bonn. Bienchen ist nicht gleich Bienchen. Allein in Deutschland gibt es rund 550 Arten der fleißigen Insekten, weltweit sind es schätzungsweise 30 000. Die Honigbiene ist nur eine von ihnen - und die Arten beim Natur- und Artenschutz auseinanderzuhalten, war stets ein großes Problem. Bis jetzt: Im Rahmen eines interdisziplinären Projekts am Institut für Informatik der Uni Bonn haben Computerspezialisten und Zoologen das System "ABIS" entwickelt - das Automatische Bienen-Identifikations-System. Ein Beispiel dafür, wie vielseitig die Arbeitsgebiete der modernen Informatik-Forschung in Bonn sind.

Die Bedeutung der Bienen für die Entwicklung von Früchten und Pflanzen ist enorm, denn sie zeichnen für die Bestäubung verantwortlich. Der Gesamtnutzen der weltweiten Bestäubung von Natur- und Kulturpflanzen wird auf rund 70 Milliarden US-Dollar beziffert. Damit ist der "Service" der Bienen sowohl von großer ökonomischer als auch von ökologischer Bedeutung. Das Problem: Die jeweiligen Bienenarten sind sehr stark auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert, erläutert Projekt-Mitarbeiter Stefan Schröder. "Wenn eine einheimische Kulturpflanze in einem anderen Land angesiedelt, aber der Bestäuber nicht mitgebracht wird, kann die komplette Ernte ausfallen." Gleiches gilt, wenn Arten aussterben.

ABIS identifiziert die Bienenarten anhand ihrer charakteristischen Flügelstruktur: Das Adernetz ist vergleichbar einem Fingerabdruck. Hierfür müssen pro Art 20 bis 30 Trainingbilder in den Computerprogramm eingespeist werden. 50 Arten kann der Bonner Prototyp bereits erkennen. Dafür werden die Bienen für einige Sekunden mit Kohlendioxid betäubt und unter ein Mikroskop gelegt. "Das internationale Interesse an ABIS ist bereits jetzt sehr groß", freut sich Schröder.

Der Entwicklung intelligenter Roboter widmen sich gleich mehrere Arbeitsgruppen. Wie ein schlichter Möbelrücker auf sechs Rädern sieht die Entwicklung der Abteilung für Neuroinformatik aus. Etwas unbeholfen rollt das Gefährt durch die Gegend, stößt mal hier, mal da an, braust vorwärts und rückwärts und dreht sich um seine eigene Achse. Aber der Roboter befindet sich ja auch erst im "kindlichen Frühstadium": "Er ist gerade mal zwei Stunden alt", erklären Florian Kintzler und Nils Goerke. Gelernt hat er aber bereits, dass Berührungen mit Wänden oder Gegenständen auf dem Boden Schmerzen bereiten. Ein Infrarot-Sensor macht''s möglich: Er signalisiert dem Roboter nach einer Kollision "Autsch, das tut weh".

"Unser Ziel ist es nicht, Roboter zu programmieren, etwas zu können, sondern ihnen Fähigkeiten mitzugeben, die sie selber weiter entwickeln sollen - sie praktisch wie Kinder aufwachsen zu lassen", so die Informatiker. Durch das Erfahren der Umwelt lernt der Roboter, wie dies auch Menschen und Tiere tun. "Er soll selber Strategien entwickeln, um zum Beispiel Hindernisse zu umgehen." Dazu übertragen die Wissenschaftler Eigenschaften aus der Biologie und Psychologie in die Technik. Noch handelt es sich bei dem Projekt um Grundlagenforschung, Anwendungsgebiete zeichnen sich aber bereits ab: Etwa in der Psychologie und Verhaltensforschung oder bei der Erkundung fremder Räume.

Längst keine Zukunftsmusik mehr sind indes Roboter, die Staub saugen oder Rasen mähen. Einige Hersteller bieten solche Apparaturen bereits an. Der Haken: "Die Roboter sind wenig effizient, da sie ihren Weg meist nach dem Zufallsprinzip auswählen", berichtet Elmar Langetepe vom Institut. "Der Rasenmäher soll eben nicht fünf Mal über ein Fleckchen laufen und über andere gar nicht, sondern jede Parzelle bearbeiten." Und dies auch in möglichst kurzer Zeit und mit einem möglichst geringen Aufwand.

"Man könnte die Geräte natürlich mit einem ganzen Sortiment Sensoren ausstatten, aber das würde unermesslich teuer." Die Forschergruppe um Professor Rolf Klein arbeitet daher an Strategien, die dem Roboter eingespeist werden. Am Bildschirm funktioniert das schon - bis es den optimalen Staub saugenden Roboter gibt, werden laut Langetepe aber noch fünf bis zehn Jahre vergehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort