Pionierinnen der Archäologie Porträtband - Gleich zwei Altertumskundlerinnen der Kaiserzeit studierten in Bonn

Bonn · Frauen als anerkannte Archäologinnen - im späten 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert war das eine Seltenheit. Umso bemerkenswerter, was Dr. Doris Gutsmiedl-Schümann, Archäologin an der Universität Bonn, gemeinsam mit anderen Autorinnen und Autoren zusammengetragen hat.

 Margarete Bieber promovierte in Bonn.

Margarete Bieber promovierte in Bonn.

Foto: privat

Unter ihren 19 Porträts von Pionierinnen der Archäologie sind gleich zwei, die in Bonn tätig waren. Nicht die einzige Gemeinsamkeit: Elvira Fölzer (1868 bis vermutlich 1928) und auch Margarete Bieber (1879-1978) wohnten während ihrer Studienjahre im Haus Nummer 32 an der Bachstraße, und beide blieben ihr Leben lang alleinstehend.

Dass sich damals gleich zwei anerkannte Archäologinnen in Bonn wissenschaftlich betätigten, ist kein Zufall: Dort lehrte Professor Georg Loeschcke, laut Gutsmiedl-Schümann "der einzige Archäologe in ganz Deutschland, der Frauen regulär zur Promotion zuließ". Seine Schülerin Elvira Fölzer war die erste Bonner Doktorandin überhaupt.

Leicht war ihr Weg dorthin nicht. Die Tochter eines Großkaufmanns legte erst nach dem Tod des Vaters ihr Abitur ab, im Alter von 31 Jahren. In Bonn ging sie zunächst als Gasthörerin mit persönlicher Erlaubnis der jeweiligen Professoren ihren Studien nach, 1906 wurde sie im Alter von 38 Jahren mit einer Studie über die griechische Keramik promoviert. Bis 1913 veröffentlichte sie 13 Werke, wandte sich dann aber von der Archäologie ab, vermutlich mangels beruflicher Perspektiven.

Erfolgreicher war die elf Jahre jüngere Margarete Bieber. Die Tochter eines Industriellen genoss keine gründliche Schulbildung. Durch Zufall wurde jedoch die Frauenrechtlerin Anita Augspurg auf die junge Frau aufmerksam und überzeugte die Eltern, die begabte Tochter studieren zu lassen. Bieber begann ihre Studien in Berlin. 1904 wechselte sie nach Bonn zu Professor Loeschke, bei dem sie 1907 promoviert wurde. Der Spezialistin für Skulpturenkunde und Fragen des antiken Theaters gelang eine weitere, damals für Frauen ungewöhnliche Leistung: 1919 habilitierte sie in Gießen und war dort ab 1923 "außerplanmäßige außerordentliche Professorin" - die zweite Frau in Deutschland mit Professorentitel. Während der NS-Diktatur emigrierte die gebürtige Jüdin erst nach Oxford und dann nach New York, wo sie an der renommierten Columbia University unterrichtete.

Anders als vor hundert Jahren sei Archäologie heute ein ausgesprochen weibliches Fach, resümiert Gutsmiedl-Schümann. Mehr als die Hälfte der Studienanfänger sind Frauen, immerhin 71 Prozent der Wissenschaftlichen Mitarbeiter im Bonner Institut für Archäologie und Kulturanthropologie sind weiblich. Bis an die Spitze haben es bislang jedoch relativ wenige Frauen geschafft. Lediglich 28 Prozent der Professoren sind weiblich. "Bei den Professuren wird eine Erhöhung des Frauenanteils angestrebt", steht denn auch im Gleichstellungsplan des Instituts.

Info

Jana Esther Fries/Doris Gutsmiedl-Schümann (Hrsg.): Ausgräberinnen, Forscherinnen, Pionierinnen. Porträts früher Archäologinnen im Kontext ihrer Zeit. Waxmann, 288 Seiten, 24,90 Euro

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