Patent: Das neue Rad ist aus Holz

Michael Heinzelmann, Professor an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg, hat sich neuartiges Gefährt patentieren lassen

Patent: Das neue Rad ist aus Holz
Foto: Müchler

Rheinbach. "Es gibt nichts, was man nicht aus Holz machen kann", sagt Michael Heinzelmann. Als der Professor für Konstruktionstechnik und Technische Mechanik an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Rheinbach kurz darauf sein Spezial-Gefährt aus der dunklen Konstruktionshalle nach draußen schiebt, fühlt sich der Betrachter zunächst unweigerlich an den heimischen Parkettfußboden erinnert: Da steht ein schnittig-elegantes Fahrrad mit leicht gebogenem Rahmen - einzig und allein aus Holz. Aus Fichte, um genau zu sein.

Heinzelmann betont, um dieses Holzrad nachzubauen, müsse man weder Schreiner noch Professor sein. Den Einfall für das ungewöhnliche Zweirad hatte er beim Anblick eines Rennrads aus Karbon. Ein solches aus dem ästhetischen Naturwerkstoff Holz nachzubauen, war für den Tüftler Jahrgang 1966 eine Herausforderung. Doch warum gerade aus Holz? "Wenn ich mir einen Wohnzimmerschrank anschaffe, so ist der nun mal auch nicht aus Karbon", sagt Heinzelmann. "Und ich wollte eben ein wohnliches Fahrrad."

Stabil und alltagstauglich sollte das Rad des Konstruktionstechnikers sein. Kompliziert sieht es aber schon aus. Doch der Professor meint, es braucht nichts weiter als ein paar gängige Elektrowerkzeuge, ein wenig handwerkliches Geschick und den nötigen Spaß am Basteln.

Dann könne selbst der Laie sein Fahrrad nachbauen. Das Bauprinzip beruhe einzig auf der Schichtverleimung. "Am Anfang musste ich mir aber überhaupt erst einmal klar machen, wie so ein Fahrrad überhaupt funktioniert." Welche Maße sind nötig, welche Kräfte wirken wo aufeinander?

Besonders die Planungsphase habe viel Zeit in Anspruch genommen: "Rund ein Vierteljahr", wie sich der Hobby-Bastler erinnert. Denn das Gebrauchsmuster für sein Holzfahrrad gab es vorher nicht. Jetzt ist es patentiert. Das Herzstück des Holzrads bildet der Rahmen, den Heinzelmann in Kreuzform konstruierte. Und genau dieser verleiht dem ungewöhnlichen Holzesel auch seine besondere Ästhetik.

Den Rahmen baute er aus einzelnen Holzleisten zusammen - Schicht für Schicht zusammengeleimt und fest vertackert. Dass der massive Rahmen trotz hoher Krafteinflüsse nicht birst, dafür sorgt ein chemischer Glasfaserwerkstoff, der das hölzerne Gebilde wie eine Haut überzieht. "Das ist der Clou", meint Heinzelmann. Denn während Holz wegen seines natürlichen Wachstums nur eine Faserrichtung besitzt, verleiht der mit Epoxidharz bestrichene Glasfaserwerkstoff mehr Stabilität.

Ein entscheidender Vorteil an Stellen, wo Kräfte von mehreren Seiten einwirken, wie beispielsweise an den Tretlagern des Fahrrads. Ohne Glasfasern würde das Holz dort brechen - da es Kräfte nur in seine ihm von der Natur gegebene Faserrichtung auffangen kann. Außerdem schützen Epoxidharz und Glasfasern das Rad auch gegen Wind und Wetter. "Und auch gegen Holzwurmbefall", scherzt Heinzelmann.

Lenker und Laufräder sind ebenfalls aus mehreren Holzleisten zu einem Ganzen zusammengefügt - allerdings mit einigen Unterschieden. So mussten die Leisten für den Lenker vorher einige Minuten in warmes Wasser eingeweicht werden, um sie später mit Hilfe von Schraubklemmen in die Form eines Hörnchenlenkers biegen zu können. Eine Schwierigkeit bei den Laufrädern bildete die Nabe, die durch einen Tunnel aus mehreren Holzringen in das Rad eingepasst werden musste. Vorkehrungen für Brems, Schalt- und Stromkabel sowie Lenker- und Sattelstangen baute Michael Heinzelmann durch Metallrohre schon vorher in den massiven Holzrahmen ein.

Wie es richtig geht, ist in Michael Heinzelmanns Fachbuch nachzulesen. Doch lässt sich das ungewöhnliche Fahrrad wirklich noch von handwerklichen Laien nachbauen? Gut, ein bisschen was von Pythagoras, Sinus und Kosinus müsse man vielleicht schon verstehen, meint der Konstruktions~techniker. "Die Materialien gibt es aber fast alle im Baumarkt." Glasfaser und Epoxidharz habe er beim Fachhändler gekauft, Bremsen, Schaltung, Reifen und Sattel im Fahrradladen.

Gut ein Jahr hat Michael Heinzelmann für sein Holzfahrrad gebraucht. Am Ende stand vor ihm ein Unikat, mit dem er jetzt, wann immer möglich, zur Arbeit fährt. In den 20 Kilogramm schweren Holzesel hat Michael Heinzelmann rund 1 500 Euro investiert. "Das hängt aber auch immer von den eigenen Ansprüchen ab."

So bliebe das Holzrad auch für 600 bis 700 Euro mit gebrauchten Fahrradteilen noch ein Hingucker - sozusagen ein "kommunikatives Fahrrad", wegen dem man auf der Straße häufig mit neugierigen Passanten ins Gespräch kommt.

Michael Heinzelmann: Holzfahrrad im Eigenbau. Bauen Sie sich Ihr Fahrrad selbst. Verlag für Technik und Handwerk (vth), 14 Euro.

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