Mit Glühwein und Bonbons zum Erfolg

Grüne und Juso-Hochschulgruppe stärkste Kräfte im neuen Bonner Studierendenparlament - Beide wollen in den AStA - Wahlbeteiligung stieg von 14,36 auf auf 17,2 Prozent

Bonn. Als bei der Auszählparty gegen drei Uhr am Samstagmorgen das Ergebnis der Wahlen zum 24. Bonner Studierendenparlament (SP) bekannt gegeben wurde, hatten vor allem die Wahlhelfer Grund zur Freude: 17,2 Prozent Wahlbeteiligung, fast drei Prozent mehr als im Vorjahr - das bedeutete für sie, dass ihr Grundlohn von sieben auf 7,50 Euro pro Stunde stieg.

In der Tat hatte sich der Wahlausschuss diesmal viel einfallen lassen, um die Studierenden an die Urnen zu lotsen. So wurden die Professoren gebeten, in den Vorlesungen auf die Bedeutung der Wahlen hinzuweisen. Gewiss hat auch eine Rolle gespielt, dass der Wahlkampf insgesamt ruhig verlief und Diffamierungen unterblieben. Stattdessen verteilten die Kandidaten zu ihren Handzetteln Glühwein und Bonbons.

Von den Studierenden bestätigt sehen sich die Grüne Hochschulgruppe (GHG) und die Liberale Hochschulgruppe (LHG), die mit ihrer Koalition im letzten Sommer nach 18 Jahren Links-Bündnis einen AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) der "Mitte" etablierten. Beide hielten ihre Mandate. Als dritter im Bunde empfiehlt sich die Juso-Hochschulgruppe, die zwei Sitze dazugewann und nun zweitstärkste Fraktion im SP ist. Sie möchte mit dem erfahrenen Fachschafter Thomas Shiozawa, der mit 207 Stimmen das beste Einzelergebnis erzielte, auch gern den neuen AStA-Chef stellen. Eine Ampelkoalition aus Jusos, LHG und Grünen würde die Zeit der Minderheitsregierung beenden und einen "starken" AStA etablieren, der 29 der 51 SP-Mitglieder hinter sich hätte.

Ein erstes Gespräch zwischen Grünen und Jusos hat viel Übereinstimmung gezeigt, insbesondere in zwei Punkten: Man will sich nicht nur für Hochschulpolitik einsetzen, sondern auch außerhalb der Universität Stellung beziehen - also das politische Mandat anstreben -, und man will wieder Mitglied im bundesweiten Dachverband "freier zusammenschluss der studierendenschaften" (fzs) werden. Diese Ziele mitzutragen, ist für die LHG freilich problematisch, so dass daran die Ampel scheitern könnte.

Die Alternative wäre ein Linksbündnis von Grünen, Jusos, der Liste undogmatischer StudentInnen (LUST) sowie eventuell der PDS-Hochschulgruppe und der Ausländischen Studierenden Liste. Streitpunkt wäre die von den Jusos geplante AStA-Reform. "Wir wollen einen AStA mit klarer politischer Linie, keine eigenständigen Referate, die unter Umständen eine konträre Politik machen", sagt Juso-Vorsitzender Mirco Theiner.

Die amtierende AStA-Chefin und Grünen-Spitzenkandidatin Sonja Brachmann will "auf jeden Fall in beiden Richtungen Verhandlungen aufnehmen".

Wie in jedem Jahr haben sich die Hochschulgruppen das Ziel gesetzt, schnell zu einem Ergebnis zu kommen. Die Jusos wollen sogar schon bis zum Semesterende "Klarheit" schaffen. Auch Sonja Brachmann wäre das recht, doch vermutet sie, dass die Ferien noch für die Verhandlungen gebraucht werden, so dass der neue AStA zu Beginn des Sommersemesters installiert werden könnte.

Großer Wahlverlierer ist der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), dem nach wie vor der Vorwurf anlastet, rechtsextreme Tendenzen bei einigen Mitgliedern zu dulden. Die Quittung hatte die CDU-nahe Hochschulgruppe bereits im vergangenen Jahr erhalten: Sie stürzte von 16 auf 13 Sitze ab.

Jetzt sind es nur noch acht, die jahrelang unangefochtete Spitzenposition im SP ging verloren. Freilich wechselten die meisten früheren RCDS-Wähler zur im Herbst neu gegründeten Junge Union Hochschulgruppe, die auf Anhieb vier Sitze errang. RCDS-Spitzenkandidat Malte Cordes äußert sich deshalb zufrieden mit dem Ergebnis: "Es zeigt, dass die christdemokratischen Gruppen zusammen immer noch die stärkste Kraft im SP sind." Er möchte so schnell wie möglich "mit der JU an einen Tisch, um eine Fraktionsgemeinschaft zu bilden".

Davon will allerdings der Leiter der JU-Hochschulgruppe Bonn, Henning Tetz, nichts wissen: "Wir sind angetreten, um eigenständig christdemokratisches Profil zu zeigen. Und wir können nach wie vor nicht erkennen, dass sich der RCDS klar von den gewissen Leuten distanziert."

Den Wahlkampf hatte die JU-Hochschulgruppe darauf abgestellt, dem bei vielen in Misskredit geratenen RCDS Stimmen abzujagen. So verbreitete sie einen Artikel der Berliner "tageszeitung" (taz), in dem die alten Vorwürfe der Rechtslastigkeit des RCDS aufgewärmt und die JU als unbelastete Kraft vorgestellt wurden.

Am Montag legte die taz noch einmal nach. Unter der Überschrift "RCDS verteidigt seine Rechtsausleger" wird aus der internen Mailingliste des RCDS zitiert, unter anderem Malte Cordes, der auf Angriffe gegen Mitglieder seiner Gruppe reagiert hatte. Cordes zum GA: "Diese Angriffe waren unqualifiziert, deshalb wollte ich, dass der Vorstand dagegen vorgeht."

Eine "große Unverschämtheit" nennt Cordes indes, dass die interne Liste überhaupt an die taz hat gelangen können.

Die konstituierende SP-Sitzung ist am Donnerstag, 31. Januar, um 20 Uhr in der Mensa Nassestraße.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Klar und ohne Gebrüll" von Wolfgang Pichler.

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