Lebensrecht kontra Fortschritt

Befürworter Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) und Gegner Hubert Hüppe (CDU) diskutierten in Bonn

Bonn. Der Bundestag hat sich für den Import embryonaler Stammzellen unter strengen Auflagen ausgesprochen. Die Diskussionen sind damit nicht abgeebbt: Für viele Politiker geht die Debatte jetzt erst richtig los. Der Thomas-Morus-Kreis in Bonn bat dazu zwei "Kontrahenten" zu einer Gesprächsrunde unter Moderation von GA-Chefredakteur Joachim Westhoff: Die Abgeordneten Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) und Hubert Hüppe (CDU).

Für Hüppe als erklärten Gegner jeder Liberalisierung ist das Votum des Bundestages ein "Einstieg in den Ausstieg des Embryonenschutzes und damit auch des Menschenschutzes". Er ist sich sicher, dass bald nicht nur im Ausland Embryos getötet werden, sondern auch hierzulande: "Die Produktion zu Forschungszwecken ist offensichtlich politisch gewollt." Auch dem Klonen sei damit die Tür geöffnet, denn sonst mache die Forschung keinen Sinn. "Ich habe Angst, dass man in der Zukunft auch andere Gruppen findet, denen man das Lebensrecht abspricht."

Seiner Ansicht nach sollten überzählige Embryonen, die bei der künstliche Befruchtung in der Petrischale entstehen, zur Adoption freigegeben werden. Dies sei nach dem Embryonenschutzgesetz ausdrücklich nicht verboten.

Schmidt-Jortzig als Befürworter der Forschung an embryonalen Stammzellen hielt dagegen, dass in der ersten Phase, in der die befruchteten Eizelle noch nicht in den Körper der Mutter eingesetzt sei, das Lebensrecht des Embryos gegen den medizinisch-therapeutischen Fortschritt stehe. "Für mich beginnt zwar menschliches Leben mit der Verschmelzung, die Frage aber ist, wann auch die Würde des Menschen beginnt" - für ihn erst mit der Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter.

Schmidt-Jortzig warf seinem Gesprächspartner vor, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen: "Der wissenschaftliche Fortschritt lässt sich nicht bremsen. Wir sollten uns daher nicht vergebens mit Verboten aufhalten, sondern die Forschung durch wirksame, übernationale Regelungen vernünftig steuern."

Große Meinungsunterscheide gab es auch zur so genannten "Präimplantationsdiagnostik" (PID). Dabei handelt es sich um Erbgut-Checks an Embryonen aus künstlicher Befruchtung vor dem Einpflanzen in die Gebärmutter.

"In Deutschland kommen nur 100 bis 200 Paare für PID in Frage. Warum entsteht plötzlich so großes Interesse, diesen Paaren zu helfen, wo doch beispielsweise Behindertengruppen nicht einmal ein Bruchteil dieser Aufmerksamkeit geschenkt wird?" Hüppe glaubt: "Es besteht großes Interesse an den Abfallprodukten, sprich den nicht gewollten Embryonen, zu Forschungszwecken."

Schmidt-Jortzig wies diesen Vorwurf als "Unsinn" zurück. "Die PID ist eine akzeptable Technik, weil sie Eltern die Möglichkeit gibt, genetisch unbelasteten Nachwuchs zu haben." Durch diese Erbgut-Checks an Embryonen aus künstlicher Befruchtung könne auch die Abtreibung vieler behinderter oder kranker Föten schon im Ansatz verhindert werden.

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