Kalte Füße am Stenzelberg

Drei Gymnasiasten aus Wesseling entdeckten "Eislöcher" im Siebengebirge

Siebengebirge. Eiskalte Füße hatten die elfjährigen Schüler des Wesselinger Käthe-Kollwitz-Gymnasiums plötzlich am Stenzelberg - trotz des heißen Maitages, an dem sie mit ihrem Lehrer Michael Funke auf Biologie-Exkursion durchs Siebengebirge spazierten. Drei Jungs wollten genau wissen, warum die Luft gerade an dieser Stelle des Wegs bis in Kniehöhe so eisig entlang zog.

"Wir haben Löcher gefunden, aus denen der kalte Windstrom kam", schildert Jan Schöneberger.

"Sie schienen tief in den Berg hineinzumünden", ergänzt Marcel Bastian. Anfang der Entdeckung eines ganz seltenen Naturphänomens: Mit ihren Forschungen zu den "Eislöchern" vom Stenzelberg gewannen Jan und Marcel zusammen mit Gereon Schmidt jetzt den "1. Preis Geo- und Raumwissenschaften" beim Landeswettbewerb "Schüler experimentieren".

Bekannt sind etwa die "Eislöcher" von Eppan in Südtirol, die auf demselben geophysikalischen Prinzip beruhen. "Dass es dieses Phänomen auch im Siebengebirge gibt, ist völlig überraschend", sagt Funke. Dabei handelt es sich um eiskalte Luftströmungen, die im Sommer auch bei großer Hitze aus Windlöchern im Berghang austreten. Im Winter kehrt sich dieses Phänomen um: Warme Luft strömt aus, so dass sogar bei Minustemperaturen der Schnee an den Löchern schmilzt.

Mit einem Thermometer maßen die Schüler am untersten Loch, 40 Zentimeter oberhalb des Weges, sieben Grad Celsius - und das bei 33 Grad Außentemperatur. 15 Meter über dem Weg, am obersten Loch, waren es 20 Grad.

Über ein halbes Jahr lang untersuchten die Jungforscher die Löcher und die umgebende Pflanzenwelt. Zugleich recherchierten sie im Internet und stellten zwei Hypothesen auf: Ursache ist entweder ein von der Eiszeit übrig gebliebener "arktischer Kern" im Inneren des Berges oder das "Windröhrensystem": An der Spitze eines Berges tritt kühle Luft in Felssspalten und Risse ein und fällt durch sie herab. Sie durchströmt den Berg, kühlt sich ab und tritt unten am Hang wieder aus, da kalte Luft bekanntlich schwerer ist als warme.

Die Auswertung der Messungen ergab, dass die Temperatur am Fuß des Hanges in den Löchern teilweise wesentlich kühler ist als am oberen Teil des Hanges. Im Winter hingegen kehrt sich dieses Phänomen um. Zum Jahreswechsel maßen Gereon, Jan und Marcel bei minus sechs Grad Außentemperatur im obersten Loch plus elf Grad. Als Schnee gefallen war, schmolz er an den obersten Löchern sofort.

Die Jury lobte insbesondere die "sehr sauber und systematisch" erhobenen Daten. Die Jungforscher, die zu den jüngsten Teilnehmern des Wettbewerbs gehörten, haben beispielsweise immer um die Mittagszeit, immer im Schatten und immer oberhalb des Loches gemessen. "Alle Ergebnisse deuten klar auf die Windlöcherhypothese", schreiben die drei in ihrem 13-seitigen Wettbewerbsbeitrag: Bei der Eiskernthese bleibe die Luft ja im Berg.

Ihre botanischen Untersuchungen bestätigen das: An allen Kaltluftlöchern fanden die Kollwitz-Gymnasiasten Pflanzen, die kühl-schattige Standorte benötigen - Gabelzahnmoos und Schönschnabelmoos, Sauerklee und Rippenfarn. Bereits wenige Meter von den Löchern entfernt wuchsen weiße Fetthenne, gemeiner Thymian, Steinbrech und Erdbeer-Fingerkraut - alles Pflanzen, die es lieber trocken und warm haben. "An einem Loch wuchsen sogar dicke Moospolster, obwohl dieser Teil des Hanges im Sommer viele Stunden lang in der prallen Sonne lag."

Beim Landeswettbewerb "Schüler experimentieren" siegten noch weitere Teilnehmer aus der Region: Sophia Uhlmann (13 Jahre) sowie Frederik Vus und Florian Diederichs (beide 14 Jahre) aus dem Sankt Michael-Gymnasium in Bad Münstereifel gewannen mit ihrer Arbeit "Leistung macht Spaß?!" im Fachgebiet "Arbeitswelt" den zweiten Preis. Katharina Schild und Claudia Sagorski (beide 15 Jahre) vom Siegtal-Gymnasium Eitorf errangen mit einer "Modellkritik an Modellen von Nervenzellen und deren Aufgaben" im Fachbereich Biologie einen dritten Preis.

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