Milde Sanktionen In Bonn möglich: Milde Strafe für Plagiatoren

BONN · Die Universität hat einem Abschreiber nicht den Doktortitel entzogen, sondern nachträglich die Note der Arbeit herabgesetzt.

Die vergangenen drei Jahre musste Martin W. um seinen 2009 an der Bonner Uni erworbenen Doktortitel bangen: Seine Dissertation über die deutsche Ostpolitik war auf der Internetplattform "vroniplag" unter Plagiatverdacht geraten. Jetzt hat die Philosophische Fakultät der Hochschule beschlossen, "den Doktortitel nicht abzuerkennen". Allerdings werde das Prädikat "auf den niedrigsten Grad, der vergeben werden kann, herabgesetzt", sagt Dekan Professor Paul Geyer. Auf GA-Nachfrage erklärt Dr. W., den Uni-Beschluss "zur Kenntnis genommen" zu haben. Die Sache ist für ihn damit erledigt.

Plagiatsverfahren enden normalerweise mit einem klaren Ja oder Nein für oder gegen den Titel. So widerrief ihn die Bonner Philosophen-Fakultät zum Beispiel für die Politikberaterin Margarita Mathiopoulos und den FDP-Politiker Georgios Chatzimarkakis.

Indes mehren sich die Stimmen für abgestufte, mildere Sanktionen. Davon verspricht sich etwa der Bayreuther Rechtsprofessor Stephan Rixen, der die Untersuchungen im Falle Guttenberg leitete, einen möglichst "differenzierten Umgang mit Plagiatsvorwürfen".

Die Bonner Promotionsordnung geht da voran, weil sie statt des Titelentzugs schon lange auch eine nachträgliche Notenverschlechterung vorsieht. Im Fall W. betont Dekan Geyer, "dass die Stärken der Dissertation durch die nachgewiesenen Plagiatsstellen nicht entscheidend gemindert werden". Mit der gleichen Begründung bestätigten kürzlich auch die Unis in Dresden und Duisburg abgeschlossene Promotionsverfahren - ohne an den Noten zu rütteln.

Allerdings hält der Bonner Juraprofessor Wolfgang Löwer, Chef des bundesweiten Ombudsgremiums für saubere Wissenschaft, eine Notenverschlechterung bei Plagiaten oder anderen Täuschungsversuchen für falsch. Die Herabstufung sei eine systematisch verzerrte Ermessensentscheidung: Für diese gebe es bei einer herausragenden Erstnote den größten Entscheidungsspielraum, bei einer ursprünglich mit "ausreichend" bewerteten Dissertation aber überhaupt keinen.

Zudem sei eine Neubewertung für die Titelführung gleichgültig und könne deshalb dem betroffenen Doktor ganz egal sein. Im Bonner Fall ging die Uni auch nicht in die Öffentlichkeit, sondern bestätigt die Prädikatänderung nur auf Nachfrage.

Angesichts der problematischen Neubenotung ziehen es andere Unis (etwa in Heidelberg, Münster und Wuppertal) vor, den Verfassern belasteter Doktorarbeiten eine "Rüge" zu erteilen. Auch die ist aber nur eine "Platzpatrone", von der sich kein Betroffener aufscheuchen lassen muss - denn die Namen bleiben geheim. Aus all dem gewinnt der Münchner Arbeitsrechtler und Plagiatsexperte Professor Volker Rieble den Eindruck, dass die Hochschulen "immer weniger Bock" auf öffentliche Altlastenbeseitigung haben.

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