Hormone sollen das Altern aufhalten

Experten diskutierten in Bonn über "Anti-Aging"-Therapien

Bonn. "Es kann nur einen geben!", wissen wir spätestens seit Kinofilm und Fernsehserie über den "Highlander", dem nicht nur ewiges Leben zuteil ist, sondern der sich mit 642 Jahren noch aktiv und gesund durch die Jahrhunderte bewegt. Eine Biographie, zu schön, um wahr zu sein: Noch immer träumt die Menschheit seit jeher von der dauerhaften Jugend.

Den Wunsch in Wirklichkeit verwandeln soll die Medizin, die schon vor mehr als 20 Jahren herausgefunden hat, dass im Alter die Konzentration vieler Hormone im Blut abnimmt. Können also Alterserscheinungen verringert werden, indem alternden Menschen Hormone verabreicht werden? Genau mit dieser Frage und der so genannten "Anti-Aging"-Medizin diskutierten Experten bei der Deutschen Gesellschaft für Angewandte Endokrinologie im Bonner Universitätsclub.

Weibliche und männliche Geschlechtshormone wie Östrogene, Gestagene und Testosteron, Wachstumshormon, Melatonin und DHEA sollen dabei dem Lauf der Zeit Einhalt gebieten. Keine neue Idee: Bereits 1889 spritzte sich der französische Neurologe und Physiologe Brown-Sequard auf der Suche nach einem Jungbrunnen einen Extrakt aus Tierhoden, der möglicherweise das männliche Hormon Testosteron enthielt, und fühlte sich anschließend geistig und körperlich frischer.

Ein Ausgangspunkt der in den vergangenen Jahren entstandenen Anti-Aging-Bewegung ist eine Arbeit, die 1990 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Forscher hatten alten, gesunden Männern Wachstumshormon verabreicht. Ergebnis: weniger Fett, mehr Muskeln. Andere Arbeitsgruppen konnten diesen Effekt jedoch nicht bestätigen.

"Die Symptome des Alters sind sehr vielfältig", sagt Tagungsleiter Professor Dietrich Klingmüller. "Sie reichen von den Hitzewallungen der Frau bis zur Fettleibigkeit des Mannes, über Arteriosklerose, verringerte Knochendichte, Verminderung der Muskulatur sowie Beeinträchtigung von Schlaf und Sexualität."

Einwände, dass es sich bei dem Jugendlichkeits-Wunsch eher um ein gesellschaftlich-ästhetisches Problem handelt, weist Klingmüller daher zurück. "Das Alter bringt eine allgemeine Leistungseinbuße mit sich. Den Wunsch, diese zu kompensieren oder aufzuhalten, ist legitim."

Behandelt werden sollten zudem "nur Patienten mit einem Hormondefizit". Als Voraussetzungen müssen typische Beschwerden und ein Hormonmangel vorliegen, der im Labor nachgewiesen wird. "Zuvor muss die Ursache des Hormonmangels genau diagnostiziert werden, um beispielsweise Tumoren als Ursache nicht zu übersehen." Für eine Geschlechtshormongabe spreche etwa, dass eine Osteoporose, die durch einen Mangel an Geschlechtshormonen bedingt ist, aufgehalten oder kompensiert werden kann.

Im Blick zu behalten ist vor allem das Krebsrisiko, das in Bonn kontrovers behandelt wurde. "Geschlechtshormone können das Wachstum geschlechtshormonabhängiger Tumoren fördern. Auch Wachstumshormone können das Wachstum anregen. Patienten und Patientinnen müssen über das Risiko durch den Arzt aufgeklärt werden", so Klingmüller. Zum Vergleich: Etwa fünf Prozent der Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr erkranken an einem Brustkrebs. Bei Frauen, die fünf oder mehr Jahre mit Geschlechtshormonen behandelt werden, soll das Risiko an Brustkrebs zu erkranken um etwa 35 Prozent erhöht sein.

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