Projekt mit Bonner Universitätsklinik Genetiker suchen nach Ursachen der Depression

BONN · Schizophrenie, bipolare Störung, schwere Depression - die häufigsten psychischen Erkrankungen haben zu 50 bis 80 Prozent genetische Hintergründe, sagt Professor Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn. Die Klinik koordiniert ein Verbundprojekt zu psychischen Erkrankungen.

 Psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, bipolare Störung und schwere Depression haben auch genetische Hintergründe.

Psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, bipolare Störung und schwere Depression haben auch genetische Hintergründe.

Foto: dpa

Den molekularen Ursachen will ein Verbundprojekt von Wissenschaftlern aus Deutschland und der Schweiz, koordiniert von der Bonner Uniklinik, nun auf den Grund gehen. Das Bundesforschungsministerium fördert das bislang umfangreichste Projekt dieser Art in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt fünf Millionen Euro, teilt die Pressestelle der Bonner Universität mit.

Wer unter Schizophrenie leidet, erlebt Beeinträchtigungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Gefühle. Bei einer bipolaren Störung kommt es einerseits zu manischen Phasen mit Größenwahn, andererseits zu depressiven Episoden. Typisch für schwere Depression ist starke Niedergeschlagenheit bis hin zu Suizidgedanken.

Das neue Verbundprojekt IntegraMent (Integrated Understanding of Causes and Mechanisms in Mental Disorders) soll auch untersuchen, ob es bei diesen drei Erkrankungen gemeinsame biologische Wurzeln gibt. Beteiligt sind neben der Bonner Uni das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim, die Charité Universitätsmedizin Berlin, das Helmholtz-Zentrum München, die Ludwig-Maximilians-Universität München, das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Berlin, das Max-Planck-Institut für Psychiatrie München, die Universitäten Halle, Göttingen, Basel und Greifswald sowie das Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience Heidelberg-Mannheim. Bei einer Auftaktveranstaltung gestern in Bonn diskutierten die Forscher über ihr Vorhaben.

Die Forscher suchen zunächst nach Genen, die an der Ausbildung der drei Erkrankungen beteiligt sind, indem sie das Erbgut von Patienten mit einer Kontrollgruppe vergleichen, die die Bevölkerung in Deutschland repräsentiert. Taucht bei dem Vergleich ein verändertes Gen in der Patientengruppe auf, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es mit einer Krankheit zusammenhängt.

Die Wissenschaftler konzentrieren sich auf rund 250 Familien, bei denen sich die psychiatrischen Erkrankungen stark häufen. Außerdem sollen die Analysen von rund 80 000 weiteren Patienten Hinweise auf verdächtige Regionen im Erbgut von Patienten geben. Ausgehend von den genetischen Befunden untersuchen die Wissenschaftler mit Kernspintomographen die Gehirnaktivität von Patienten und gesunden Probanden.

"Wir wollen untersuchen, ob bestimmte Erbgutveränderungen bei Patienten zum Beispiel die Signalübertragung im Gehirn beeinträchtigen", so Nöthen. Die Wissenschaftler wollen zudem aus Hautzellen von Patienten Stammzellen gewinnen, die sie in Nervenzellen umprogrammieren. "An diesen sogenannten iPS-Zellen lassen sich auch Wirkstoffe mit Blick auf neue Therapien testen", sagt Professor Oliver Brüstle, Direktor des Instituts für Rekon?struktive Neurobiologie an der Bonner Uniklinik, Leiter des Teilprojekts zu den Stammzellen.

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