Existenzgründung auf amerikanisch

Das Bostoner Massachusetts Institute of Technology (MIT) errichtet im Raum Köln-Bonn das erste Zentrum für Unternehmensgründungen für Hightech und Multimedia in Deutschland

  Das Institut in Cambridge  - eine von weltweit nur drei größeren Kooperationen des MIT in Boston. Im Raum Köln-Bonn soll die erste in Deutschland hinzukommen.

Das Institut in Cambridge - eine von weltweit nur drei größeren Kooperationen des MIT in Boston. Im Raum Köln-Bonn soll die erste in Deutschland hinzukommen.

Foto: AP

Bonn/Köln. Das Bostoner Massachusetts Institute of Technology (MIT) errichtet in Deutschland ein Zentrum zur Förderung von Existenzgründern für Hightech und Multimedia. Es ist das einzige MIT-Institut hierzulande und wird in Köln oder Bonn seinen Sitz haben. Den Kontakt zu den Bostonern hat die Kölner Unternehmerberatung und Business Inkubator für junge Multimedia-Firmen, das msc Multimedia Support Center, angebahnt.

"Wir wollen die Region zum Multimedia-Standort aufbauen", so msc-Sprecherin Sigrid Krebs, "und unterhalten selbst eine IT-Akademie, um den Mangel an Fachkräften zu beheben". Als die msc-Mitarbeiter dann überlegten, mit wem sie auf diesem Gebiet kooperieren könnten, kamen sie "fast zwangsläufig" zum MIT. Die renommierte amerikanische Universität scheut nicht vor Kooperationen mit der Wirtschaft zurück. Der Freistaat Bayern sei übrigens auf dieselbe Idee gekommen, erzählt Krebs, aber das msc war schneller und holte die Bostoner an den Rhein.

Die Verhandlungen begannen im Sommer 1999 und waren im Mai 2000 soweit gediehen, dass Ministerpräsident Wolfgang Clement und der Dekan der Sloan School of Management, Professor Richard Schmalensee, die Vereinbarung offiziell bekanntgaben. Mit dem eigentlichen Startschuss rechnet Krebs zum Beginn des Jahres 2001. Gegenwärtig werde die Betreibergesellschaft gegründet sowie an den Curricula und der konkreten Beteiligung der einzelnen Fakultäten gefeilt. Die Kursteilnehmer bekämen voraussichtlich ein Zertifikat vom "MIT Entrepreneurship Center NRW". Das Zentrum ist eine gemeinsame Einrichtung des MIT, des Landes NRW und privater Investoren. An der inhaltlichen Vorbereitung waren bislang die Universitäten Köln, Bonn und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen beteiligt. Ziel ist, möglichst alle Hoch- und Fachhochschulen des Landes einzubinden.

Die Amerikaner kostet das Zentrum keinen Cent, die Finanzierung wurde von der deutschen Seite gesichert. "Für die nächsten Jahre stehen über 30 Millionen Mark zur Verfügung - und sie werden zu mehr als 50 Prozent von der freien Wirtschaft erbracht", betont Sigrid Krebs. Investoren sind neben dem msc die Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen, die Bank Sal. Oppenheim & Cie., die Stadtsparkasse Köln und andere.

Wolfgang Clement zur Initiative: Die Verknüpfung und enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten, jungen Firmen, Kapitalgebern, Politik und Verwaltung werde NRW zum ersten Medien- und Hightech-Standort in Deutschland machen. Bisher ist das MIT nur drei große Kooperationen in Singapur, Taiwan und Cambridge eingegangen. Dort sollen ebenfalls Entrepreneurship Centers entstehen. "Unser Modell ist am weitesten in den Verhandlungen", so Krebs, und sei kürzlich vom MIT als Pilotprojekt auserkoren worden. Bisher hat nur ein Studentenaustausch stattgefunden - als Testlauf für die Programme, die im Konzept stehen. Sowohl mehrmonatige Kurse als auch einmalige Vorlesungen sind vorgesehen sowie Abendveranstaltungen, die vor allem der Kontaktpflege dienen. Geplant ist außerdem, dass Studenten des MIT und der beteiligten deutschen Universitäten in internationalen Teams die theoretischen Grundlagen der Unternehmensführung in Boston und in NRW erlernen.

Danach sollen sie in Start-Up-Firmen an realen Problemen arbeiten oder mit dem besten Businessplan ins Rennen gehen. Jungunternehmer gehören auch zur Zielgruppe. Kurz und knapp: Die Deutschen wollen vom Erfahrungsschatz des MIT mit Ausgründungen aus dem Hochschulbereich profitieren. Und der ist groß.

Ehemalige MIT-Studenten haben mehr als 5 000 Unternehmen ins Leben gerufen - mit so vielen kann sich keine andere Alma mater der Welt brüsten. Diese haben laut einer Studie der Bank of Boston aus dem Jahr 1994 mehr als eine Million Arbeitsplätze geschaffen.

Die RWTH Aachen hat schon eigene Erfahrungen mit Ausgründungen gemacht: immerhin 450 Unternehmen seit 15 Jahren, sagt Professor Matthias Jarke, Sprecher der Fachgruppe Informatik. Viele seiner ehemaligen Studenten, die nun zu Firmeninhabern geworden sind, wollen auf den amerikanischen Markt, wissen aber nicht wie. Für die Partnersuche soll das MIT-Zentrum nun das geeignete Parkett bieten. Seit fünf Jahren experimentieren die Aachener mit interdisziplinären Veranstaltungen für Studierende und haben dafür ein Kolleg gegründet. Seine Kapazität ist mittlerweile der Nachfrage nicht gewachsen, auch daher braucht die RWTH die MIT-Kooperation.

Das MIT pflegt intensive Kontakte zur Industrie, von der rund 20 Prozent seiner Mittel kommen - nach eigener Darstellung mehr als alle anderen US-Universitäten -, sowie zu seinen Ehemaligen. Diese Teile des Erfolgsrezepts soll das neue Zentrum übernehmen. Ein Alumni-Club wird Akademiker mir Risikokapitalgebern und Unternehmern aus dem weltweiten Netzwerk zusammenbringen.

Wie der Leiter der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni Köln, Professor Werner Delfmann, einschätzt, ist das Angebot des Gründerzentrums eher für Absolventen als für normale Studierende interessant. Besonders für Ingenieure, Informatiker sowie Naturwissenschaftler, Mediziner und Molekularbiologen, denen die wirtschaftlichen und juristischen Kenntnisse für eine Betriebsgründung fehlen.

Da Deutschland nicht die USA ist, sollen die Kursteilnehmer nicht zu sehr von der hiesigen Wirklichkeit abheben. Im Zentrum werden auch Lehrkräfte aus NRW unterrichten. Deutsche Professoren sollen sechs bis neun Monate als "NRW Entrepreneurship Fellows" in den USA verbringen oder auch mit MIT-Kollegen in NRW Forschungsprojekte durchführen.

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