"Es soll kein Fach platt gemacht werden"

Das Düsseldorfer Wissenschaftsministerium will die Asien-Studiengänge in Bonn und Köln bündeln - Im Herbst beginnen die Moderationsgespräche

Bonn. Der Reichtum der Philosophischen Fakultät ist ihre große Breite und Fächervielfalt. Darauf war man an der Bonner Universität bisher stolz. Dass der vom Düsseldorfer Wissenschaftsministerium eingesetzte Expertenrat zur Untersuchung des Studien- und Forschungsangebots aber gerade in Bonn "die unübersichtliche Zahl an Instituten" bemängelt und empfiehlt, es sollten "wenige Einheiten mittlerer Größe" geschaffen werden, ist auf Entrüstung gestoßen.

Helmut Roth, Professor für Vor- und Frühgeschichte: "In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es keine Philosophische Fakultät, die eine so detaillierte Ordnung vorgelegt hat wie wir hier in Bonn." Unter Roths Dekanat hatte die Fakultät - im August 1 999 - einen Entwicklungsplan vorgelegt, in dem die Einrichtung interdisziplinärer Zentren in regionaler und fachlich-systematischer Ordnung angekündigt ist.

Zu diesem Zeitpunkt war das Asien-Zentrum bereits gegründet: als Forschungsverbund der zahlreichen Bonner Disziplinen, deren Lehr- und Forschungspotenziale auf den asiatischen Raum ausgerichtet sind.

Neben dem Japanologischen Seminar und der Forschungsstelle Modernes Japan, die innerhalb des Asien-Zentrums die größte Bedeutung besitzen, gehören als Kerninstitute das Indologische Seminar, das Orientalische Seminar, das Seminar für Orientalische Kunstgeschichte, das Seminar für Orientalische Sprachen, das Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens sowie das Sinologische Seminar dazu, als assoziierte Institute ferner das Religionswissenschaftliche Seminar und das Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie.

"Das Zentrum ist stark", sagt Professor Josef Kreiner, Direktor des Japanologischen Seminars und zur Zeit Sprecher des Forschungsverbunds. Gerade für die "kleinen Fächer" sei diese Einbindung wichtig, denn aus dem großen Forschungsthema Asien, das auch eines der acht profilbildenden Schwerpunktprogramme der Universität Bonn ist, könne man "kein Fach herausbrechen, da die großen Fragen nur überregional zu beantworten sind".

Dennoch sorgen die gegenwärtigen Strukturüberlegungen im Zusammenhang mit dem so genannten Qualitätspakt und den damit verbundenen Stellenstreichungen für Unruhe und Verunsicherung - bei den Dozenten wie bei den Studierenden. Besonders hohe Wellen hat dies am "Seminar für Orientalische Sprachen" der Universität, kurz SOS, geschlagen.

Dessen personelle Ausstattung nimmt sich mit nur zwei Professuren zwar sehr bescheiden aus, es weist aber mehr als 800 Studierende auf, also nicht weniger als etwa die Chemie, die Mathematik oder die Psychologie. SOS-Direktor Professor Kay Genenz: "Seit Sommer 1 999 gibt es Hinweise, dass in Gremien der Philosophischen Fakultät die Auflösung unseres traditionsreichen Instituts erwogen wird."

Professor Werner Schmucker, der dort die Islamischen Sprachen des Nahen Ostens vertritt, weist inzwischen Studieninteressenten auf die "schwierige Lage" hin: Eine Arabisch-Lektorenstelle wurde gestrichen, und auch seine eigene Professur wird künftig wegfallen. Roth sieht für das Studienangebot aber kein Problem: "Die Sprachkurse werden künftig von dem Arabisch-Lektor des Indologischen Seminars übernommen. Literaturgeschichte und Landeskunde muss später vom Orientalischen Seminar abgedeckt werden."

Um die besondere Befindlichkeit des Seminars für Orientalische Sprachen zu verstehen, muss man seine Geschichte kennen: Das SOS begann 1887 im Berlin der Bismarckzeit als Lehranstalt für Diplomaten und Kolonialakademie für Beamte und Offiziere und war eine "absolute Vorzeigeinstitution" (Kreiner). 1959 wurde es in Bonn in der Nachbarschaft des Auswärtigen Amts wieder eröffnet. Inzwischen macht es durch einen bundesweit einmaligen modernen Übersetzerstudiengang für Sprachen des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens von sich reden.

Diese gegenwarts- und berufsorientierte Ausbildung in schwierigen und selten gelehrten Sprachen zieht seit 1983 viele Studierende aus dem In- und Ausland an, zumal sie sehr gute Berufschancen eröffnet. Das SOS plant, künftig für Studierende aller Fakultäten, aber auch für Privatpersonen oder Unternehmensangehörige Zertifikatskurse in den asiatischen Sprachen neu aufzubauen.

Kreiner hält zusätzlich eine Dolmetscherausbildung am SOS für wünschenswert. Allerdings müsse das Seminar dann besser ausgestattet werden. Laut Entwicklungsplan sollen die bisher eigenständigen Disziplinen künftig als Abteilungen ins Asien-Zentrum integriert werden. In dem Zusammenhang ist auch überlegt worden, das SOS zu Gunsten einer Fach-zu-Fach-Zuordnung zu zerschlagen.

Dies hält Kreiner aber nur dann für sinnvoll, "wenn alle Professuren bestehen bleiben und eine gemeinsame Unterbringung ermöglicht wird." In solch einem Fall könne er sich sogar "ein Aufgehen aller Asien-Fächer in einem großen SOS vorstellen". Und was das Fächerangebot angeht, schwebt ihm eine neue Ordnung von Studiengängen mit Bachelor- und Masterabschlüssen vor: zum Beispiel "Wirtschaft Ostasiens" - kombiniert mit Japan, China oder Korea - oder auch "Kunst und Archäologie" der einzelnen Länder.

Dazu muss aber erst einmal der Moderationsprozess des Düsseldorfer Wissenschaftsministeriums abgewartet werden, das die asienbezogenen Aktivitäten der Universitäten Köln und Bonn bündeln will. Kreiner hält eine Erweiterung des Asien-Zentrums um Kölner Institute für sinnvoll und geht "mit gutem Mut in die Moderation": "Das Ministerium achtet darauf, dass künftig nicht an zwei Hochschulen gleiche Akzente gesetzt werden. Es soll aber kein Fach plattgemacht werden."

Weitere Informationen zum Stichwort Asien-Zentrum

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