Ein Politiker diskutiert über die Philosophie der Wirtschaft

Kolloquium in der Universität Bonn

Bonn. Ein Konzern entlässt Knall auf Fall tausende Angestellte, Manager stehen unter Korruptionsverdacht und Politiker diskutieren über die so genannte "Unterschicht": Drei Themen, die in den letzten Tagen und Wochen für Schlagzeilen sorgten und auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten aufweisen.

Aber eben nur auf den ersten Blick: Denn alle drei Themen sorgen für hitzige Debatten, weil politische, wirtschaftliche und ethische Fragen miteinander vermengt werden. Sind Unternehmen skrupellos? Welche Verantwortung trägt der Staat für die Menschen? Solchen Fragen widmen sich Martin Booms und Gerhart Baum im Hörsaal 1 der Universität.

Denn es dreht sich dabei genau um das, was sie in ihrem Kolloquium "Philosophie der Wirtschaft" diskutieren wollen: Phänomene aus der Alltagspolitik, hinter denen philosophische Grundfragen stehen. Kürzlich fand die erste Sitzung des öffentlichen Kolloquiums statt.

Das Kolloquium ist mittlerweile die vierte Veranstaltung einer Reihe, in der Philosoph Booms mit prominenten Gästen über Politik, Wirtschaft und Philosophie debattiert. Gerhart Baum ist mittlerweile das zweite Mal dabei; schon im vorigen Jahr stand der ehemalige Minister und FDP-Politiker auf dem Podium.

"Es macht einfach Spaß, und ich lerne viel in den Diskussionen", sagt Baum, der unter Helmut Schmidt von 1978 bis 1982 das Bundesinnenministerium führte und nach seiner Polit-Karriere für die Menschenrechtskommission der UNO im Sudan tätig war. Er kritisiert die zunehmende Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche.

"Ich bin für eine Marktwirtschaft, aber nicht für eine Marktgesellschaft. Man kann und darf nicht alles der Gewinnmaximierung unterordnen", sagt der ehemalige Politiker, der dem "Freiburger Kreis" angehört, dem linksliberalen Flügel der FDP.

"Die Märkte werden immer liberaler, aber die Menschen immer unfreier. Das muss sich ändern." Booms ist der Meinung, dass sich die Philosophie stärker an öffentlichen Debatten beteiligen sollte und nicht ausschließlich im universitären "Elfenbeinturm" verweilen darf.

"Ob in der Antike oder heute: Es stellt sich immer die philosophische Grundsatzfrage, wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen und was ein gutes, gelungenes Leben ist", sagt Booms, der am Institut für Philosophie lehrt.

Das gängige Bild des Elfenbeinturms nutzt auch Baum, er kehrt es jedoch ins Positive um: "Vom Elfenbeinturm kann man sehr weit sehen. Man muss nur die Fenster öffnen und die Leute in seinen Turm einladen."

Das Kolloquium findet jeden Freitag von 16 bis 18 Uhr in Hörsaal 1 statt und steht auch Nicht-Studierenden offen. Eine Anmeldung ist erforderlich unter (02 28) 73 77 41.

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