Größte ausländische Studierendengruppe Ehemaliger Trainee soll bei Integration helfen

BONN · "Was ist typisch deutsch? Und was chinesisch?" Die 25 deutschen und chinesischen Studierenden sehen sich lachend an: Auf den "Hundeesser" folgt der "Kartoffelesser". Wie viele denn von den Chinesen schon mal Hund gegessen haben, will Yi Xu - ausgesprochen Yi Schüii, wobei das "Sch" wie das J im französischen Namen Julie weich betont wird - wissen.

 Yi Xu zeigt auf das Ergebnis eines Kennenlernspiels zwischen Deutschen und Chinesen.

Yi Xu zeigt auf das Ergebnis eines Kennenlernspiels zwischen Deutschen und Chinesen.

Foto: Max Malsch

Vier heben die Hand. Und wie viele Deutsche? Zwei. "Wer hat denn schon mal Pferd gegessen?", fragt die 30-jährige Chinesin dann. Während sich der überwiegende Teil der Deutschen meldet, hebt lediglich einer der Chinesen, ein Studierender aus der Inneren Mongolei, den Arm.

"Es geht um gegenseitige Vorstellungen voneinander, um typische Klischees und festgesetzte Stereotype - aber auch um das Selbstbild", erklärt Yi Xu, die von den Deutschen einfach Lissi genannt wird. Die Deutschlehrerin aus Danyang aus der Jiangsu Provinz hat an einem halbjährigen Traineeprogramm der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Studentenwerks teilgenommen.

Das Ziel des Programms: die Aktivitäten zwischen China und Deutschland im Bereich der sozialen Dimension der Hochschulbildung stärken und die Integration chinesischer Studierender in Deutschland fördern. Denn die Chinesen bilden die größte Gruppe der ausländischen Studierenden in Deutschland. 323 der 3698 ausländischen Studenten an der Universität Bonn kommen aus China.

"Sie neigen indes zur Separation, bleiben stark unter sich. Sie bilden eine sehr geschlossene Gruppe, und wir stellen bei ihr eine relativ hohe Abbrecherquote fest", so Robert Anders, Leiter Marketing & Kommunikation des Studentenwerks Bonn. "Wir haben in der Vergangenheit schon verschiedene Aktivitäten entwickelt, um die chinesischen Studierenden besser zu integrieren - aber richtig erfolgreich waren wir nicht", so Anders, der das Traineeprogramm sehr begrüßt hat. Allerdings ist das halbe Jahr wie im Fluge vergangen, stellen beide fest - und Yi Xu habe hervorragende Arbeit geleistet.

Doch abgeschlossen sei sie bei Weitem nicht, so dass der Geschäftsführer des Studentenwerks, Alexander Bojanowsky, beschlossen hat, Yi Xu für zwei Jahre als eine Art Integrationsbeauftragte weiterzubeschäftigen. "Lissi hat in der kurzen Zeit des Trainees so viel angeschoben - den Schwung müssen wir mit ihr noch weiterführen", so Anders. Yi Xu, die Goethe liebt und gerne Daniel Kehlmann liest, hat beispielsweise eine Umfrage gestartet (www.surveymonkey.com), um mehr über die Befindlichkeiten und Motive der chinesischen Studenten zu erfahren.

"Die Wünsche, Schwierigkeiten und Erwartungen der Chinesen sind bei der deutschen Seite nicht bekannt", erklärt sie. "Deswegen will ich mit Hilfe dieser Umfrage zeigen, was sie erwarten, wie sie leben, so dass die Deutschen sie besser kennenlernen und bei ihren Problemen besser helfen können." Die meisten haben beispielsweise kaum Kontakt zu Deutschen. Das habe häufig nicht nur mit mangelnder Sprachkenntnis zu tun, sondern damit, dass sich Chinesen schämten, wenn sie nicht perfekt Deutsch sprächen.

Und: "Andere, fremde Menschen anzusprechen und auf sie zuzugehen, ist in China nicht üblich. Dabei wären die meisten sehr froh, mit Deutschen in Kontakt zu treten", sagt Yi Xu. Deswegen bietet sie etwa Diskussionsabende und gemeinsame Kochabende an, die bisher sehr gut angenommen werden - und zwar von beiden Seiten. "Dabei sind beide Seiten oft sehr überrascht, wenn sich Stereotype über den anderen nicht bestätigen."

So gesehen hat Yi Xu das Traineeziel voll erreicht: "Die Trainees entwickeln eigene Projekte zur Verbesserung des Studienerfolgs der chinesischen Studierenden und bringen ihre eigenen Qualifikationen und Erfahrungen zu Ausbildungskultur und Lebensrealität in China ein", heißt es bei der Robert Bosch Stiftung.

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