Uni Bonn Doktorandin forscht über den Fundamentalismus in Science-Fiction-Serien

BONN · Was Stefanie Esser wirklich nervt, ist, wenn Leute sie fragen, wie man sich als intelligenter Mensch mit dem Trivial-Genre Science-Fiction abgeben kann. Vorweg: Im GA-Gespräch mit der Bonner Doktorandin fiel diese Frage nicht, konnte gar nicht fallen, denn mit ihrer gerade abgeschlossenen Masterarbeit hat die 26-Jährige bewiesen, wie ernsthaft man an das vermeintlich schlichte Genre herangehen kann.

 Schöne Menschen kämpfen ums Überleben: Cover einer Staffel von "Battlestar Galactica".

Schöne Menschen kämpfen ums Überleben: Cover einer Staffel von "Battlestar Galactica".

Foto: UNIVERSAL

Die meisten Wissenschaftler seien, so Esser, inzwischen der Meinung, dass sich Science-Fiction nicht mit der Zukunft, sondern vielmehr mit den Missständen der Gegenwart beschäftige. "Das Genre ist viel freier darin, Kritik zu üben, da ist viel mehr möglich als im realitätsnahen Kontext", sagt sie.

Für ihre Masterarbeit am Nordamerika-Studienprogramm der Uni Bonn hat sie sich die Serie "Battlestar Galactica" vorgenommen, die in den 1970er Jahren ausgestrahlt wurde und dann 2004 bis 2009 unter einem neuen Produzenten wieder aufgenommen wurde, ferner die Serien "Alien Nation" und "True Blood".

Stefanie Esser hat Erstaunliches herausgefunden: kaum ein politisches oder gesellschaftliches Thema, das nicht insbesondere in "Battlestar Galactica" gespiegelt, kritisiert und kommentiert würde. Ganz knapp der Hintergrund der Serie: Nach einem Krieg mit der Roboter-Rasse der Zylonen ist die Menschheit weitgehend ausgerottet, die Überlebenden irren in ihrem Raumschiff "Kampfstern Galactica" durchs All, verfolgt von den Zylonen.

Recht irdisch dagegen sind die Probleme, die die Menschen der Zukunft bewegen: Wie weit darf man mit gefangenen Zylonen gehen, darf man sie foltern, gelten für sie die Menschenrechte? Welche Ideologie oder Religion hält die Gesellschaft der überlebenden Menschen zusammen, wie autoritär oder liberal darf in Zeiten ständiger Bedrohung die Führung sein?

Sind in einer derart geschrumpften Gesellschaft Geburtenkontrolle und Abtreibung tolerierbar? Wie hält es eine solche Gesellschaft mit der Homosexualität? Stefanie Esser, die schon als Kind alle Star-Trek-Bücher auf Englisch gelesen hat, arbeitet in ihrer Studie heraus, dass insbesondere in den von Ronald D. Moore seit 2004 verantworteten Galactica-Staffeln Positionen der fundamentalistischen amerikanischen Christlichen Rechten diskutiert werden, die insbesondere in der zweiten Amtszeit von George W. Bush Einfluss hatten.

Während Glen A. Larson, ein praktizierender Mormone, in der Staffel der 70er Jahre noch den Kalten Krieg ins All verfrachtete, eine theokratische Militärherrschaft idealisierte, Kritik an der liberalen Politik Jimmy Carters thematisierte und sich generell konservativ gab, änderte sich unter Moore einiges.

"Moore ist ein Liberaler", sagt Esser, "er greift die politische Stimmung nach dem 11. September 2001, Terrorismus und Fundamentalismus, auf, aber er argumentiert nicht 'Schwarz oder Weiß', sondern zwingt den Zuschauer, Position zu Folter, Genozid oder Menschenrechten zu beziehen."

Das Thema der einflussreichen fundamentalistischen Christlichen Rechten in den USA lässt die 26-Jährige nicht los. Der Titel ihrer Doktorarbeit soll "Hol(l)ywood: Die Christliche Rechte in der amerikanischen Popkultur" lauten. Esser will dafür vor Ort recherchieren. In wenigen Wochen bricht sie auf zur University of Wisconsin-Madison, um dort ein Jahr zu forschen.

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