Die Polit-Parolen sind den meisten egal

In der kommenden Woche wird das neue Bonner Studierendenparlament gewählt - 222 Kandidaten aus elf Gruppen treten an - Studenten entscheiden auch über Vertreter in Uni-Gremien

Bonn. Im Sturm haben die studentischen Hochschulgruppen die Wände in den Uni-Gebäuden mit ihren Parolen plakatiert: Von Dienstag bis Freitag, 22. bis 25. Januar, sind die Bonner Studierenden zur Wahl aufgerufen. An 24 Urnen wird nicht nur über die Zusammensetzung des Studierendenparlaments (SP) entschieden, sondern auch über die studentischen Vertreter für die Hochschulgremien.

Fürs SP kandidieren elf Gruppierungen, die exakt 222 Kandidaten ins Rennen um die 51 Mandate schicken. Alle wollen zunächst die Wahlbeteiligung erhöhen. Denn die 14,1 Prozent vom Vorjahr sind Wasser auf die Mühlen derer, die die Verfasste Studentenschaft (VS) abschaffen wollen: In der sind alle Studierenden automatisch Mitglied und zahlen Beiträge.

Das SP als oberstes VS-Organ verwaltet einen Jahresetat von mehr als 870 000 Euro. Außerdem soll es die Studierenden in Hochschule und Gesellschaft vertreten, sich zu hochschul- und wissenschaftspolitischen Fragen äußern, für politische Bildung und staatsbürgerliches Verantwortungsbewusstsein der Studierenden sorgen.

Außerdem soll es sie in fachlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht unterstützen sowie die studentische Kultur, den Hochschulsport und die internationalen Beziehungen fördern.

Das SP tagt im Semester mindestens einmal pro Monat öffentlich in der Mensa Nassestraße. Jeder Studierende hat Rede- und Antragsrecht. Das SP wählt und kontrolliert den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), die "Regierung" der Verfassten Studentenschaft. Der AStA-Chef ist oberster Vertreter der Studierenden und spricht bei der Eröffnung des Akademischen Jahres gleich nach dem Rektor.

Dennoch halten viele Studenten die SP-Wahl für unwichtig; vor allem die oft verbissenen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Gruppen stoßen sie ab. Negativbeispiel aus dem Bonner SP-Wahlkampf 2001: Die linke Koalition wirft dem RCDS "rechtsextreme Tendenzen" vor, der RCDS kontert mit "Kampf gegen die Roten". Quittung bei der Wahl: die niedrigste Beteiligung seit Jahren und der Absturz des RCDS von 16 auf 13 Sitze.

Nach 18 Jahren Links-AStA etablierte sich nach zähen Koalitionsverhandlungen ein Mitte-Bündnis aus Grünen und Liberalen, das von den Jusos toleriert wurde. Es wandelte das "Antirepressionsreferat" in ein "Referat Politische Bildung" um, das Veranstaltungen zu den Themen Embryonale Stammzellforschung und Rasterfahndung anbot und für Februar eine Berlin-Fahrt organisiert.

Weitere Hauptthemen im SP waren der Erhalt der Lehrerausbildung in Bonn sowie das von NRW-Bildungsministerin Behler vorgeschlagene Studienkontenmodell, das als erster Schritt zur Einführung von Studiengebühren abgelehnt wurde. Weitergeführt und ausgebaut wurden die Service-Angebote des AStA: Beratung zu den Themen Wohnen, Arbeiten, Studienfinanzierung, Studieren mit Kind; die Auflage von Informationsbroschüren; der Hochschulsport; kulturelle Veranstaltungen und der Verkauf günstiger Schreibwaren. "Autonome Referate" sollen gezielt die Interessen der Fachschaften vertreten - zudem der Frauen und Lesben, Schwulen und ausländischer Studierender.

Politisch engagierte Studis sind indes nicht nur im SP, sondern auch in den Hochschulgremien gefragt. Deren höchstes ist der Senat, das die wichtigsten Weichenstellungen im Bereich der akademischen Selbstverwaltung vornimmt: neue Studiengänge, Besetzung von Professuren, Entwicklungspläne der Universität und Stellungnahmen zu hochschulpolitischen Themen. Seit der Auflösung des Konvents verabschiedet er auch die Uni-Verfassung und wählt den Rektor. Für die vier studentischen Senatsplätze (von 22) gibt es stolze 91 Kandidaten.

Höchstes Gremium in den Fakultäten ist der jeweilige Fakultätsrat. Studierende können über die Besetzung der drei studentischen Sitze mit entscheiden.

Neu gewählt werden auch die Studentinnen im Beirat der Frauenbeauftragten: Sie sind drei von zwölf und haben daher relativ viel Einfluss. Die übrigen Mitglieder sind drei Professorinnen, drei wissenschaftliche und drei nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen.

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