Die "Grausamkeiten der Bürokratie"

Ausländische Studienbewerber haben vor der Zulassung einige Hürden zu überwinden - Das Auslandsamt bietet Hilfen an

Bonn. "Es ist in Bonn gelungen, die Zahl der ausländischen Studierenden innerhalb von zehn Jahren zu verdoppeln!" Stolz verkündete Rektor Klaus Borchard beim Empfang der Bonner Stipendiaten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), dass die Universität in diesem Wintersemester gut über 4 000 Studierende aus anderen Ländern zählt. Bei insgesamt 38 000 Immatrikulierten macht das 11,4 Prozent aus - deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt von etwa sieben Prozent. Besonders talentierte Studierende kommen mit Förderung des DAAD an den Rhein. 125 sind es in diesem Jahr: Das ist Spitze im Land Nordrhein-Westfalen. Und mit dem Erasmus-Programm der EU kommen diesmal weitere 200 Austauschstudenten von Partnerhochschulen. Während für sie die Wege an die Universität geebnet sind, müssen die so genannten Free Movers, die sich auf eigene Faust um einen Studienplatz bemühen, erst die Hürden der Bürokratie überwinden.

Da ist zum Beispiel Nelya Cheban aus der Ukraine, die in Odessa schon ein paar Semester auf der Sprachenhochschule studiert hat und nach einem Au-pair-Aufenthalt in Bonn an der hiesigen Alma Mater weiterlernen will. Das bedeutete zunächst, einen Antrag stellen und Unterlagen einreichen. Und da fingen Nelyas Schwierigkeiten an: Obwohl sie gut deutsch spricht, verwirrte sie das unübersichtlich gestaltete Informationsblatt. Als sie bei der Sachbearbeiterin im Studentensekretariat nachfragte, bekam sie nur die barsche Antwort: "Das steht doch da alles drauf."

Dann ging es darum, die Unterlagen zu besorgen: Zeugnisse übersetzen und beglaubigen zu lassen, denn die Universität muss sich vergewissern, dass die Studieninteressenten über die entsprechenden Voraussetzungen verfügen. Als Nelya die in ihrer Heimat besorgten Papiere vorlegte, der nächste Schock: Der Beglaubigungsstempel aus Kiew sei auf Kyrillisch, könne daher nicht akzeptiert werden, hieß es. Nelya: "Ich war völlig frustriert, bekam auch zu wenig Erklärungen." Eine deutsche Freundin erreichte dann die Lösung, den Stempel von einem Bonner Spracheninstitut übersetzen zu lassen.

All das macht nicht nur Mühe, sondern kostet auch Geld: alles in allem mehrere hundert Mark. Auch ein Stempel von der Botschaft der Ukraine musste noch drauf. Allein dafür waren erneut 200 Mark fällig. Um so erstaunter war Nelya, dass sie für ihre eingereichten Unterlagen nicht einmal eine Quittung bekam. Und noch einmal ärgerte sie sich kräftig über ihre Sachbearbeiterin: Als sie zur Verlängerung ihres Visums um eine Bestätigung bat, dass sie den Zulassungsantrag gestellt hatte, wurde sie abgewiesen, weil dies zuviel Arbeit mache. Nelya: "Erst als meine deutsche Freundin wieder mitkam und anbot, den Text aufzuschreiben, der dann nur unterschrieben werden müsse, zog die Sachbearbeiterin das fertige Formular aus dem Computer."

"Diese Bürokratie mag abschreckend wirken, doch angesichts 3 000 Bewerbungen von Ausländern zum laufenden Wintersemester bei der Uni Bonn und nur drei Sachbearbeiterinnen bleibt, gerade wenn es auf den Bewerbungsschluss zugeht, wenig Zeit für den Einzelnen", sagt Eva Bezzeg-Fröhlich, beim Akademischen Auslandsamt für die Beratung und Betreuung der Free Movers zuständig. Die ersten Schritte an der Uni würden von den meisten als schwierig empfunden. Dazu gehört auch die "Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber" (DSH), für die Aufgaben in Deutsch und drei bis vier studienrelevanten Fächern zu lösen sind, damit klar wird, ob der Studienbewerber auch den Vorlesungen folgen kann.

Im vorbereitenden Deutsch-Intensivkurs (21 Wochen) gibt es indes nur 60 Plätze: "Dafür hatten wir in diesem Jahr 476 Bewerber, so viele wie noch nie", berichtet Wolfgang Gerkhausen, der beim Akademischen Auslandsamt für die Deutschkurse zuständig ist. Der Andrang ist um so erstaunlicher, als seit diesem Winter von den Kursteilnehmern 700 Mark Gebühren verlangt werden. Dass die Universität angesichts des großen Bedarfs nicht mehr Kurse anbietet, liegt laut Gerkhausen an der Raumnot: "Unsere sechs Unterrichtsräume, in denen auch studienbegleitende Deutschkurse stattfinden, sind quasi rund um die Uhr belegt. All unsere Bemühungen um mehr Räume innerhalb der Uni sind bislang gescheitert. Und Anmieten ist zu teuer."

Auch bei studienbegleitenden Angeboten strebt das Auslandsamt eine Erweiterung an. Bezzeg-Fröhlich: "Wir denken an Kurse zur Abfassung einer wissenschaftlichen Arbeit und zu Präsentationstechniken, etwa beim Halten von Referaten." Das Auslandsamt bietet Unterstützung in ausländerrechtlichen, sozialen, finanziellen und studienbezogenen Fragen und ein Betreuungsprogramm mit Filmvorführungen, Exkursionen, Kochabenden und Feiern an. Prima laufe das zum Sommersemester gestartete Patenprogramm "Study Buddies", das einem ausländischen Erstsemester einen deutschen Studenten an die Seite stellt, der ihm helfen soll, sich an der Uni und in der Stadt zurechtzufinden und Kontakt zu deutschen Kommilitonen zu bekommen. 42 solcher Patenschaften gibt es in diesem Wintersemester. Interessenten melden sich bei Bezzeg-Fröhlich.

Zur Zeit läuft im Studentensekretariat schon wieder die neue Antragswelle zum Sommersemester 2001 - Bewerbungsschluss ist am 15. Januar. Bezzeg-Fröhlich empfiehlt, möglichst noch vor Weihnachten die Unterlagen einzureichen, denn in den letzten Tagen der Frist ist der Andrang immer besonders stark. Gut sei auch, wenn die ausländischen Studieninteressenten sich schon im voraus informieren. So könnten sie anhand der Zulassungsdatenbank des DAAD abklären, ob ihr Diplom äquivalent ist. Bezzeg-Fröhlich: "So lassen sich die Grausamkeiten der Bürokratie abmildern."

Bewerbungstermine für ausländische Studieninteressenten sind der 15. Januar für das Sommersemester und der 15. Juli für das Wintersemester eines jeden Jahres. Ansprechpartnerin für ausländische Studieninteressenten und Studierende: Eva Bezzeg-Fröhlich, Telefon (02 28) 73 76 94. Informationen im Internet unter www.daad.de und www.aaa.uni-bonn.de/ausl/.

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