Der Chip im Kopf bleibt Science-Fiction

Fachleute diskutierten im Deutschen Museum in Bonn - Zwar funktioniert die Reizübertragung von der Nervenzelle zum Computer, aber ein Gehirn-Austausch ist "derzeit nicht machbar"

  Künstliche Intelligenz:  Der kleine Kunstmensch David (.) und der "Robot-Gigolo" sind Figuren des Hollywoodstreifens "A.I.". Wissenschaftler indes halten die Idee von Robotern in Menschengestalt noch für Zukunftsmusik.

Künstliche Intelligenz: Der kleine Kunstmensch David (.) und der "Robot-Gigolo" sind Figuren des Hollywoodstreifens "A.I.". Wissenschaftler indes halten die Idee von Robotern in Menschengestalt noch für Zukunftsmusik.

Foto: ap

Bonn. Der Traum vom künstlichen Menschen ist uralt. Schon Rabbi Löw (1520-1609) soll der Legende nach einen erschaffen haben - "Golem", den er aus Moldauschlamm modellierte und mit dem hebräischen Zauberwort "Schem" zum Leben erweckte. Aus der Utopie ist heute zumindest "Science-Fiction" geworden.

"Wird die Grenze zwischen Körper und Maschine eines Tages tatsächlich aufgehoben sein?" war jetzt eine der Fragen der Gesprächsrunde "Ersatzlos?! Der austauschbare Körper" im Deutschen Museum Bonn. Unter Moderation von Ranga Yogeshwar diskutierten Experten das Verhältnis Mensch-Maschine.

Prominenter Teilnehmer der Runde: Peter Fromherz vom Münchner Max-Planck-Institut für Biochemie, der kürzlich als weltweit erster Forscher Nervenzellen einer Schnecke mit einem Computer-Chip kombinierte. Dort wuchsen die Zellen zu einem Nervennetz zusammen. Elektrische Impulse wanderten durch dieses Netzwerk und wurden vom Chip registriert. Für den Forscher ist damit bewiesen, dass Reizübertragung von einem neuronalen Netz auf einen Chip funktioniert.

Deshalb bereits von "künstlicher Intelligenz" zu sprechen, hält Fromherz für verfrüht. "Sehr unsicher" nannte er, ob neuronale Netze dem entsprechen, was im Gehirn abläuft. "Der Chip im Kopf ist rein technologisch unvorstellbar", sagte Fromherz. Zwar lasse sich mittlerweile problemlos ein Herz künstlich nachbauen, weil die Funktion dieses Organs physikalisch verstanden sei.

Doch im Gegensatz zum Kunstherzen sei man beim Gehirn noch längst nicht so weit: "Wir verstehen immer noch nicht, wie die Seele funktioniert." Doch beispielsweise bei modernen Prothesen sei die Schnittstelle zwischen Computer und Nerven bereits realisiert. Dass Blinde durch Computerchips irgendwann wieder sehen können, hält Fromherz zudem für "nicht ganz unmöglich".

Ist die Vorstellung vom Kunstmenschen also derzeit noch Science-Fiction? "Wir werden sehen, ob die Wissenschaft bereits fiktiver ist als die Literatur", meint der Kölner Literaturprofessor Rudolf Drux. Spätestens seit dem Mittelalter existiere die Vorstellung, dass der Mensch auf alchimistischem Weg reproduziert werden könne. Moderator Yogeshwar sieht allerdings heute schon die Grenzen verschwimmen: "Ist der Mensch nicht irgendwann nur noch in intelligente Technik eingebettet?" Das sei schließlich heute schon ansatzweise der Fall, wenn ein Pilot mittels High-Tech im Nebel landet.

Soviel scheint zumindest festzustehen: Einen Dr. Frankenstein, wie im Schwarz-Weiß-Film von 1931 gezeigt, wird es absehbar nicht geben. Der Wissenschaftler, der aus Leichenteilen einen idealen Menschen konstruieren will, scheitert, weil er das Gehirn eines Verbrechers verwendet. Wegen rein "technischer Probleme" schließt Roland Hetzer, Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, solch ein Prozedere aus: "Derzeit sind Gehirntransplantationen nicht machbar, weil sich die Nervenzellen des Rückenmarks nicht mit dem Gehirn verbinden lassen."

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