Computer-Training soll vor dem sozialen Absturz bewahren

Bonner Wissenschaftler entwickelten Konzept zur Förderung sozial benachteiligter Jugendlicher

Bonn. ( ldb) Was tun für sozial benachteiligte Jugendliche ohne Perspektive, die herumhängen und nichts mit sich anzufangen wissen? Am Psychologischen Institut der Universität Bonn hat der Entwicklungs- und Jugendpsychologe Professor Alexander Grob nun ein Projekt entwickelt, das solchen Heranwachsenden die Chance bietet, ihr Leben zu gestalten und ihre Persönlichkeit zu entwickeln - mit einem Computer-Training. Die Ergebnisse werden wissenschaftlich ausgewertet.

Der zwölfjährige Sebastian aus der Hauptschule Merten nimmt an diesem Projekt teil. Er strahlt: "Das macht Spaß. In der Schule war ich noch nie am Computer, und hier lerne ich alles, was mich interessiert und kann schon anderen helfen." Der Kursus steigert sichtlich seine Motivation und erhöht seine späteren Chancen, mit der Schlüsselqualifikation in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Die digitalisierte Welt, in der Computerkenntnisse für eine Vielzahl von Berufen unerlässlich sind, birgt nach Grobs Überzeugung nämlich die Gefahr, die Perspektiven für Jugendliche aus sozial schwachen Familien und solchen mit geringerem Bildungslevel noch zu verschlechtern.

Der Psychologe stützt sich in seiner Einschätzung auf folgende Zahlen: Gymnasiasten besitzen laut Grob doppelt so häufig einen eigenen PC wie Hauptschüler und Jugendliche aus Familien mit hohem Einkommen doppelt so häufig wie solche aus Familien mit niedrigerem Einkommen.

Die Bonner Psychologen wollen mit ihrem Projekt, das von der Züricher Jacobs-Stiftung gefördert wird, sozial benachteiligten Jugendlichen nicht nur Kenntnisse im Umgang mit Computerprogrammen und Internet vermitteln, sondern auch soziale Kompetenz, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein fördern. Das soll in drei Stufen geschehen: Zunächst erwerben die Jugendlichen in zehn Doppelstunden in Kleingruppen unter enger Betreuung durch Psychologiestudenten und Wissenschaftliche Mitarbeiter Grundkenntnisse am Computer.

Grob: "Sie müssen dafür Zeit und Energie und auch einen symbolischen Kostenbeitrag von 50 Mark investieren. Aber dafür erreichen sie auch etwas. Wer das Pensum der ersten Stufe erfüllt hat, bekommt eine Lizenz und darf nicht nur - auf Stufe zwei - im Internet surfen, Bildbearbeitung und HTML lernen, sondern beim nächsten Anfängerkurs als persönlicher Trainer eines Teilnehmers arbeiten, was mit 100 Mark vergütet wird."

Das Konzept scheint aufzugehen. Im vergangenen August ging das Projekt an den Start - mit Hauptschülern, ausländischen Jugendlichen und solchen aus Familien mit geringem Einkommen. Inzwischen besuchen diese den zweiten Kurs. Drei arbeiten als Trainer, ausgewiesen durch eine entsprechende Chip-Card.

Hat ein Trainer drei Jugendliche erfolgreich ausgebildet, kann er in Stufe drei zum "PC-Consultant" aufsteigen und lernen, wie man mit HTML Webseiten erstellt. Außerdem kann er dann mit erheblich verbesserten Berufschancen rechnen - aufgrund seiner erworbenen Fertigkeiten, seines neuen Persönlichkeitsprofils und der tatkräftigen Unterstützung der Projektleitung, die mit einem Jobvermittler kooperiert.

Ansprechpartner: Professor Alexander Grob, Psychologisches Institut, Tel.: 73 42 69, E-Mail: grob@uni-bonn.de

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