Bonner Wissenschaftler sorgt für mehr Wettbewerb in Marokko

Mit Aufbau eines Kartellzentrums soll mehr Wohlstand erreicht werden - EU will Austausch von Know-how im Ausland erleichtern

Bonner Wissenschaftler sorgt für mehr Wettbewerb in Marokko
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Bonn. (sj) "Twinning" steht für Partnerschaft. Mit solchen Projekten will die Europäische Union den Austausch von Know-how mit Nicht-EU-Staaten ermöglichen. Der Wissenschaftler Georg Kristian Kampfer vom Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) in Bonn begleitet solch ein Twinning-Projekt in Marokko.

Er berät in Rabat im Auftrag des ZEI zusammen mit Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundeskartellamts und der Bundesnetzagentur das marokkanische Wirtschaftsministerium beim Aufbau von Wettbewerbsstrukturen, die sich an europäischen Standards orientieren.

Das von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit gesteuerte Projekt verfügt über ein Gesamtbudget von 1,5 Millionen Euro aus EU-Mitteln und läuft noch bis Ende März 2010. "Es ist Teil europäischer Nachbarschaftspolitik", sagt Kampfer. "Die EU versucht, sich mit einem Gürtel freundschaftlich gesinnter Staaten zu umgeben."

Die Europäer gewönnen dadurch mehr Sicherheit, etwa beim grenzüberschreitenden Kampf gegen Kriminalität und durch neue Wirtschaftspartner. Als Gegenleistung erhielten Partnerstaaten wie das Königreich Marokko zum Beispiel Handelserleichterungen und in deren Folge mehr Wohlstand.

"Mich begeistert es vor allem zu sehen, dass wir Europäer auch den Menschen außerhalb Europas bessere Perspektiven bieten können", sagt er. Eine Voraussetzung für einen gemeinsamen Handel sei ein funktionierender Wettbewerb. "Die EU kann das Tor zu anderen Ländern nur aufmachen, wenn annähernd gleiche Bedingungen herrschen", sagt der Bonner Jurist und Politologe.

"Vom Aufbau einer Wettbewerbsbehörde, wie etwa des Bundeskartellamts in Bonn, profitieren auch die Menschen in Marokko", berichtet Kampfer. "Wie wir in der EU über die letzten 50 Jahre sehen konnten, sinken durch mehr Wettbewerb nicht nur die Preise, sondern auch die Qualität von Produkten und Dienstleistungen steigt."

Die einstigen Bemühungen des Landes um eine Beitrittsperspektive zur Europäischen Union seien zwar ergebnislos geblieben, sagt Kampfer. "Aber die Marokkaner lassen sich nicht entmutigen und freuen sich über jede Form der Kooperation." Das marokkanische Wirtschaftsministerium unterstütze bereits den Aufbau eines Wettbewerbszentrums.

Dieses Zentrum soll das Wettbewerbsrecht entlang europäischer Standards lehren, Richter ausbilden und auch durch öffentliche Veranstaltungen den Menschen die Vorteile von Wettbewerb erklären. Die politischen Bedingungen in Marokko seien stabil, der Lebensstil in den Großstädten sei eher westlich - obwohl der Islam als Staatsreligion eine große Rolle spiele, so Kampfer. Rund 60 Prozent der Marokkaner könnten weder lesen noch schreiben.

"Eine bessere Bildungspolitik ist deshalb genauso wichtig wie eine vernünftige Wirtschaftspolitik", sagt der Politologe. "Mit funktionierenden Wettbewerbsstrukturen kommen mehr europäische Unternehmen und damit neue Ideen nach Marokko." Das biete große Chancen für die marokkanische und die europäische Seite.

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