Alf Lamprecht Bonner Pharmazeut erforscht winzige Wirkstoffträger

Bonn · In der Maschinenhalle des Pharmazeutischen Instituts der Universität Bonn rattert es leise. Hier sehe der Student ganz plastisch, auf welches Ergebnis er eher kleinteilig im Labor hinarbeite, sagt Professor Alf Lamprecht und geht forsch voran.

 Alf Lamprecht ist Professor für Pharmazie.

Alf Lamprecht ist Professor für Pharmazie.

Foto: Barbara Frommann

Rundherum warten Tablettenpressen jeglicher Größe und Machart auf ihren Einsatz. "Oben wird das Pulver zugeführt und zu Schichten gepresst, und in einem separaten Schritt können danach bis zu einer Million Tabletten pro Stunde produziert werden", zeigt Lamprecht mit Freude an seinen Lieblingsmodellen.

Erfrischend kommentiert er die Vor- und Nachteile "vorsintflutlicher" wie hochmoderner Modelle, steigt auf Leitern, drückt auf Knöpfe. Der Professor für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie ist bundesweit bekannt für seine Forschung zu Arzneiformen mit Mikro- und Nanopartikeln. Mit seinem internationalen Team arbeitet er seit Jahren erfolgreich am Einsatz von Arzneistoffträgern im Winzigformat, die Wirkstoffe direkt an die erkrankten Stellen im Körper zu bringen imstande sind.

2010 wurde Lamprecht für einen neuen, selektiven Therapieansatz bei Magengeschwüren mit dem renommierten Phoenix-Pharmazie-Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Er wies nach, wie mittels Nanotechnologie Wirkstoffdepots direkt im entzündeten Gewebe anreichert werden können.

"Mit kleinen Teilchen kann die therapeutische Strategie heute ganz anders laufen", erläutert Lamprecht nach dem Ausflug in die Praxis dann in seinem Büro. Seit 30 Jahren forsche die Wissenschaft ja nun schon mit dem neuen Trägersystem und habe reichliche Erfahrungen sammeln können.

Und der Vorteil der Nanotechnologie gegenüber den üblichen Arzneimitteln beweise sich in ihren besonderen Einsatzgebieten immer wieder. Man lasse Wirkstoffe eben nicht alleine durch den Körper wandern und nehme eine ganze Reihe Nebenwirkungen in Kauf, sondern führe den gesamten Wirkstoff mit einem winzigen Träger an das gewünschte Ziel, was wiederum die Nebenwirkungen deutlich reduziere.

Der Tumorwirkstoff Doxil etwa könne so verkapselt, also sozusagen in Verpackung genau zum gewünschten Ort im Körper geführt werden. Einen ersten klinischen Versuch habe die Uni Bonn mit Partnern in Tschechien schon bei chronisch entzündlichem Darm durchgeführt. Man habe gesehen, dass die Arznei so relativ gut beim Patienten anschlage.

Aktuell arbeite er mit seinem Team auch daran, Nanopartikel in entzündete Haut einzubringen, berichtet Professor Lamprecht. "Der Penetrationsmechanismus hat bei Mäusen schon geklappt." Man hoffe nun, in Zukunft auch bei von Neurodermitis betroffenen Menschen weiterzukommen: die Substanz per Nanopartikel ohne Nebenwirkung in die Haut zu bringen.

Das Problem, wenn die Grundlagenforschung erfolgreich war, sei natürlich immer, kommerzielle Partner zu finden, um das bis zu zehnjährige Zulassungsverfahren überhaupt angehen zu können. Nanopartikel seien in der Herstellung weit teurer als herkömmliche Medikamente.

Ein neuer Wirkstoff habe so nur in zehn bis zwölf Jahren eine realistische Chance, auf dem Markt erscheinen zu können. Und wie steht er zur Frage, ob die Verwendung von Nanoteilchen in der Medizin nicht auch Risiken birgt? Professor Lamprecht schüttelt den Kopf. Man arbeite ja nur mit für therapeutische Belange grundsätzlich zugelassenen Hilfsmitteln, die auf ihre Unbedenklichkeit geprüft wurden. Bei der Abschätzung von Risiken und Nutzen seien die Risiken "durchaus gering".

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