"Theologische Updates" Bonner Internetprojektinformiert über evangelische Theologie

BONN · Professorin Cornelia Richter von der Fakultät für Evangelische Theologie will mit ihrem Internet-Projekt "Theologische Updates" Kollegen, die den christlichen Glauben an der Basis vermitteln, mit aktuellen Entwicklungen des Fachs vertraut machen.

 Tiere zu segnen, ist in der katholischen Theologie kein Problem. Aber was soll ein evangelischer Pastor machen, wenn man ihn um so etwas bittet? Die "Updates" der Bonner Uni geben Auskunft. FOTO: DPA

Tiere zu segnen, ist in der katholischen Theologie kein Problem. Aber was soll ein evangelischer Pastor machen, wenn man ihn um so etwas bittet? Die "Updates" der Bonner Uni geben Auskunft. FOTO: DPA

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"Es stehen Updates zur Verfügung", meldet der Computer - und veraltete Programme werden durch verbesserte Versionen ersetzt. Das geht auch in der Theologie, sagen zwei Expertinnen der Universität Bonn. Das wundert einen. Handelt Theologie nicht von ewigen Wahrheiten?

Von zeitlosen Werten, die sich nicht "verbessern" lassen? Schon - aber "Update" bedeutet ja wörtlich "auf den neuesten Stand bringen". Und längst weiß die theologische Forschung, in welch zeitgebundener Verpackung aus früheren Jahrhunderten die ewigen Wahrheiten und zeitlosen Werte mitunter erscheinen können. Professorin Cornelia Richter vom Institut für Hermeneutik der Fakultät für Evangelische Theologie und ihre Wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Opalka (zur Pfarrerin ausgebildete Theologin) wollen mit ihrem Internet-Projekt "Theologische Updates" jetzt genau darüber informieren: Sie wollen Kollegen, die den christlichen Glauben an der Basis vermitteln (zum Beispiel Pfarrer, Lehrer und Ehrenämtler) mit aktuellen Entwicklungen des Fachs vertraut machen.

"Es zeigt sich, dass sich nach dem Examen so mancher Teil des Gelernten leider relativ rasch in eingefahrene Praxisformulierungen hinein verengt", sagt Richter. "Andere Dinge bleiben zwar sehr präsent, aber oft auf dem Stand der Zeit, in der man studiert hat. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren in der Theologie unglaublich viel getan." Das betrifft etwa Bibeltexte: Die Forschung hat sie mit vielfältigen Überlieferungen verglichen und festgestellt, dass sie aus anderen Zeiten stammen als angenommen - und daher anders verstanden werden müssen.

Auch manches Element der Lehre wird heute neu interpretiert. Der "Opfertod Jesu zur Vergebung der Sünden" zum Beispiel. "Dass ein rachsüchtiger Gott seinen Sohn opfern müsse, weil die Menschen gesündigt haben, ist für heutige Menschen eine hoch brutale Theorie", sagt Richter. Der Gedanke gehe auf Anselm von Canterbury zurück (er starb im Jahre 1109), sei also "ein mittelalterliches Konstrukt, das in dieser Form in der Bibel nicht angelegt ist".

Anselm argumentierte ungefähr so: Der "Bund zwischen Gott und den Menschen" ist eine Art juristischer Vertrag. Während die Menschheit diesen Bund durch ihre Sünden gebrochen habe, halte Gott als höchste Instanz der Gerechtigkeit an den "Vertragsbedingungen" konsequent fest. "Der Mensch des Mittelalters dachte: Gerade weil Gott gerecht ist, muss er sich an die Regeln halten und Wiedergutmachung fordern", sagt die Theologin. "Der Mensch kann sie nach Anselm nicht leisten, also braucht es Jesus Christus, der für ihn eintritt." Hätte Gott auf Jesu Kreuzestod verzichtet, "wäre das nach mittelalterlichem Verständnis ein Zeichen absoluter Willkür."

Ganz anders sieht das der heutige Mensch, der laut Richter einer genau gegensätzlichen Logik folge. "Für uns ist Gott gerecht, wenn er von einem Opfer absieht, wenn er Gnade vor Recht ergehen lässt. Wenn man sich das klarmacht, wird deutlich, dass man die Bibel immer in die eigene Zeit hinein liest. Das geht so weit, dass man sie heute historisch präziser liest und merkt, dass Begriffe wie “Sühne„ oder “Stellvertretung„ für den Tod Jesu in der Bibel selbst gar nicht ausgesagt werden." Diese neue, genauere Lesart sei in die Praxis vielerorts noch nicht eingegangen. "Insofern helfen unsere Updates, das tradierte Wissen auf neues Niveau zu bringen - nicht “besser„, aber neu verstanden."

Seit November ist die Seite am Netz, jetzt ist die Testphase abgeschlossen. Das Prinzip ist einfach: Wer eine Frage hat, kann sie (auch anonym) in eine Suchmaske eintragen und abschicken. Nach einer gewissen Bearbeitungszeit erscheint an gleicher Stelle die Expertenantwort. Schon in der Testphase ging es um gewichtige Probleme. Darf man beim Abendmahl die Einsetzungsworte ändern? Was heißt es, wenn das Dogma sagt, Gott sei eine "Person"? Ist ein christlicher Segen auch für Tiere oder gar Maschinen denkbar?

Cornelia Richter betont, dass sich die Universität nicht zur "theologischen Entscheidungsinstanz" aufschwingen will. "Die Beiträge sind von unserer Position gefärbt und sie sind - eben ganz im Sinne aktueller Forschung - jeweils zeitbedingt. Was ich heute dort schreibe, kann in einem Jahr neu kommentierungsbedürftig sein." Die Seiten-Besucher können deshalb die Antworten kommentieren und vertieft nachfragen.

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