Bonner Forscher: Röntgenblick auf die alten Römer

In einem von der Vokswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekt des Landesmuseums in Bonn, werden zahlreiche römische Großbronzen am Unesco-Welterbe Limes methodisch untersucht.

Unter dem Mikroskop: Eine Wissenschaftlerin untersucht eine Bronze.

Unter dem Mikroskop: Eine Wissenschaftlerin untersucht eine Bronze.

Foto: LVR-Landesmuseum

Bonn. Lange hat sich Gordian III. nicht halten können. Ganze sechs Jahre regierte der römische Kaiser (er lebte von 225 bis 244 nach Christus), bevor er ermordet wurde. Selbst seine Büste, gestaltet nach dem Abbild auf einer Münze, weist Hiebe auf den Schädel auf. "Sehr zimperlich ist man seinerzeit damit nicht umgegangen", bemerkt Restaurator Frank Willer und zeigt auf eine Spalte an der rechten Stirn der Skulptur.

Das Original aus dem Castell Niederbieber bei Neuwied gehört in die Sammlung des LVR-Landesmuseums in Bonn. Aber auch an der Kopie in Willers Werkstatt lässt sich demonstrieren, dass Gordians Kopf mit mehr als 30 Flickstellen später mehr schlecht als recht restauriert worden ist. "Um es richtig zu machen, hätte man die gesamte Form neu gießen müssen", fügt der Experte hinzu. Doch einmal gegossen war sie nicht beliebig reproduzierbar. Dasselbe gilt für zahlreiche römische Großbronzen am Unesco-Welterbe Limes, die jetzt in einem von der Vokswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekt des Landesmuseums in Bonn, des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und der Uni Frankfurt methodisch untersucht werden.

Ergebnisse Nach Abschluss des Projektes sind eine internationale Tagung und eine gemeinsame Ausstellung der Projektpartner geplant. Die Fundstücke werden auf einer Internetdatenbank zugänglich gemacht. Zu sehen sind sie unter Weitere Informationen unter www.grossbronzenamlimes.de. (stl)Das Gebiet, aus dem sie stammen, erstreckt sich von der Schweiz bis in die Niederlande. Dabei werden modernste Analysen miteinander kombiniert. Etwa um die Fragen zu beantworten, woher die Bronze stammt, wen sie einst darstellen sollte und ob es einheimische Stücke oder Importe aus italischem Gebiet waren. Nachdem die bronzenen Fragmente lange Zeit eher ein Schattendasein in Archiven und Museen geführt haben, könnten sie jetzt Aufschluss über die zur Antike schon zum Teil hoch entwickelten Vergoldungstechniken sowie auch von Handelsbeziehungen Roms zum Mittelmeerraum geben.

Eines ist den Fundstücken gemeinsam: Sie alle waren einmal Teil eindrucksvoller Statuen, gehörten zum Abbild des gottgleichen Kaisers oder einer anderen herausragenden Persönlichkeit. "Die Statuen wurden beim Besuch des Kaisers am Limes je nach Bedarf aufgestellt. Sie hatten jedoch nicht nicht nur politische Bedeutung, sondern waren darüber hinaus auch Gegenstand kultischer Verehrung", ergänzt Silke Willer. Kustodin der römischen Abteilung am Landesmuseum. Ebenso schnell konnten sie allerdings auch wieder abgerissen werden, besonders zu Zeiten der Materialknappheit im dritten und vierten Jahrhundert.

Bruchstücke ehemaliger Statuen wurden auch von den Römern selbst zur Reparatur verwendet oder eingeschmolzen, um kleinere Stücke zu vergolden. Wie die Statuen im Römischen Reich veredelt wurden, erklärt Frank Willer anhand eines Rückenfragments, das 2007 bei den Ausgrabungen eines Siedlungsplatzes in Groß-Gerau (Hessen) gefunden wurde. In mehrwöchiger Arbeit wurde die vergoldete Oberfläche freigelegt. Das Röntgen machte antike Reparaturstellen und Gussfehler sichtbar.

Vergleiche mit erhaltenen antiken Statuen zeigten, dass die Fragmente nicht zum Abbild eines Kaisers, sondern zum Kultbild einer römischen Gottheit gehörte. Das allerdings ereilte später dasselbe Schicksal wie zahlreiche Kaiserstatuen: Es wurde zerstört und zerschlagen. Teile des wertvollen Materials, von den Alemannen als Metalldepot vergraben, fanden sich Jahrhunderte später in Groß-Gerau wieder.

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