Uniklinikum Bonn Aus der Elternperspektive

Bonn · Patenschaft für Neugeborene: Am Uniklinikum Bonn begleiten Studenten über zwei Jahre lang heranwachsende Kleinkinder. Durch das Begleiten zu Vorsorgeterminen und Untersuchungen sollen die angehenden Mediziner einen besseren Einblick in den Beruf des Kinderarztes erhalten.

 Medizinstudentin Anne Zaremba mit einem ihrer Patenkinder. Sie ist froh, am Projekt teilgenommen zu haben.

Medizinstudentin Anne Zaremba mit einem ihrer Patenkinder. Sie ist froh, am Projekt teilgenommen zu haben.

Foto: MÜLLER/UNIKLINIK BONN

"Erfahrung ist der beste Lehrmeister" sagt der Volksmund. Und dass man bei diesem Lehrmeister keine Vorlesungen und Seminare besuchen kann, wissen Medizinstudenten, die oftmals erst am Ende ihres Studiums echte Praxiserfahrungen sammeln, nur zu gut. Mit dem Projekt "Medizinstudenten werden Paten", versucht das Uniklinikum Bonn, diesen Umstand in der Kinderheilkunde zu ändern.

Bereits zum vergangenen Wintersemester startete die Bonner Uniklinik ein Pilotprojekt, das Medizinstudenten schon in den ersten Semestern ermöglicht, Kleinkinder über zwei Jahre lang zu allen medizinischen Untersuchungen und Vorsorgeterminen zu begleiten und so das Berufsbild des Kinderarztes näher kennenzulernen. Nun findet das Projekt in diesem Jahr seine Fortsetzung.

Seit Mai können sich die Studenten für die Teilnahme bewerben. Und das Interesse ist hoch: "Schon jetzt sind viermal so viele Bewerbungen eingegangen, als Plätze vorhanden sind, sagt, Till Dresbach, Arzt in der Abteilung für Neonatologie und Organisationsleiter des Projekts.

Zu den elf Teilnehmern, mit denen das Projekt zum vergangenen Wintersemester startete, zählt Anne Zaremba. Die 24-jährige Medizinstudentin erfuhr während eines Praktikums auf der Neugeborenen-Intensivstation des Universitätsklinikums von dem Projekt.

Gleich für zwei Neugeborene übernahm sie die Patenschaft, denn die Kindsmutter brachte ein Zwillingspärchen zur Welt. Heute, nach neun Monaten, ist sie glücklich, dass sie sich damals sofort beworben hatte: "Die Patenschaft ist eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich habe gesehen, wie viel Spaß der Umgang mit Kindern machen kann. Auf der Intensivstation kommt man eben nur mit sehr kranken Kindern in Kontakt. Da ist es einfach schön, wenn man im Studium auch mal die andere Seite kennenlernt."

Für Andreas Müller, leitender Oberarzt in der Abteilung Neonatologie am Zentrum für Kinderheilkunde, ist genau das ein Ziel des Projektes: "Es ist wichtig, dass die Studenten zunächst einmal Kontakt zu gesunden, ganz normal entwickelte Kindern bekommen, nur so kann man später auch Krankheiten besser erkennen." Oftmals fehle es im Medizinstudium, das "nun einmal sehr verschult" sei, an echtem Praxisbezug, räumte Müller ein.

Die Medizinstudenten profitieren aber auch noch auf andere Weise von der Patenschaft, wie Anne Zaremba berichtet. "Ich habe gespürt, wie aufgeregt auch die Eltern bei der Vorsorgeuntersuchung sind, für die es ja auch ganz neue Situationen sind.

Man leidet mit, wenn die Kinder eine Impfung bekamen, aber man freut sich auch jedes Mal, die Kinder wiederzusehen und zu erleben, dass sie wieder etwas Neues gelernt haben, dass sie lachen oder etwas greifen können." Die zukünftigen Kinderärzte lernen so, ihr Tätigkeitsfeld auch mal aus der Elternperspektive zu betrachten.

Bevor die Paten ihre Kinder zu den Untersuchungen begleiten, wird ihnen in Seminaren genau erklärt, worauf es dabei ankommt. In Kursen bekommen sie eine Einweisung in die Reanimation von Kindern. So bringt das Projekt Theorie und Praxis zusammen.

Außerdem sind die Studenten so auch auf die Rückfragen der jungen Eltern vorbereitet. Denn nicht nur die Jungmediziner profitieren von der Patenschaft: Die Eltern haben bei den Untersuchungen jemanden dabei, mit dem sie sich austauschen können, sagt Müller.

"Außerdem hat sich, als praktischer Nebeneffekt sozusagen, auch schon der ein oder andere Babysitter-Einsatz ergeben."Aus jeder zweiten Patenschaft ist mehr geworden, als nur der gemeinsame Besuch von Untersuchungen, sagt Till Dresbach.

So auch bei Anne Zaremba, die mittlerweile an der Universität Essen studiert: "Ich habe eine super liebe Familie kennengelernt. Wir haben uns auch einfach mal so getroffen und einen Tee zusammen getrunken. Und per E-Mail bekomme ich Fotos, so dass ich immer sehe, wie es den Mädchen geht."

www.studenten-werden-paten.de

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